Um ihn kommt man nicht herum: Roland Schimmelpfennig, meist gespielter deutschsprachiger Autor Jahrgang 1967. Das Deutsche Schauspielhaus sicherte sich eine Uraufführung („Calypso“, 2008), das Hamburger Thalia Theater lockte mit einer Übernahme vom Deutschen Theater Berlin („Peggy Pickit sieht das Gesicht Gottes“). Nun nimmt sich das Theater an der Marschnerstraße ein Frühwerk des preisgekrönten Schreibers und Regisseurs vor: „Keine Arbeit für die junge Frau im Frühlingskleid“, uraufgeführt 1996 an den Münchner Kammerspielen.
Nur vordergründig geht es um Arbeitslosigkeit, eigentlich dreht es sich um die ganz großen und die sehr banalen Themen des Alltags, wie immer bei Schimmelpfennig. „Solche Worte wollen bewältigt sein“, lässt er eine arbeitslose Schauspielerin sagen – treffender könnte er seine eigene Sprache auch nicht beschreiben. Damit erzählt er keine einfachen Geschichten, manchmal überhaupt keine Geschichte. Oder eine, die nur dann Sinn ergibt, wenn deren Einzelteile im Kopf des Publikums gutwillig zusammengesetzt werden. Kluge Gedanken, folglich keine leichte Kost. Dafür öffnet sich ein riesiger Interpretationsspielraum – für alle Beteiligten.
Regisseur Matthias Bokeloh hat die Herausforderung angenommen, das knapp einstündige Stück für fünf Darsteller zu inszenieren. Die beiden Frauen und drei Männer brauchen und bekämpfen sich, lassen sich jedoch zu keinem Zeitpunkt wirklich aufeinander ein. Stattdessen führen sie Scheingefechte mit Worten – aber auch das ist nur eine von vielen möglichen Sichtweisen auf einen Dialog wie diesen:
A: Was ist mit dem Paarungsverhalten?
B: Nun, was soll damit sein – es ist mongolischen Wissenschaftlern gelungen zu beweisen, dass sich das Paarungsverhalten bestimmter Seidenraupen durch Beschallung mit dem symphonischen Werk eines bestimmten Komponisten deutlich verändert. Dies gilt aber nur eingeschränkt für die amerikanischen Komponisten.
A: Eine notierte Reihe von Tönen ist eine vollkommene Festlegung. Dennoch ist es genau diese Festlegung, die in uns eine abrufbare Welt von scheinbaren Gefühlen zum Leben erweckt. Das führt bisweilen zu einem sonderbaren Gefühl der Erhabenheit. (…)
C: Einen Text zu singen, hat nichts mit euren Seidenraupen zu tun.
Text: Dagmar Ellen Fischer
Foto: Katleen Glameyer
Aufführungen: 1.6., 19.30 Uhr; 2.6., 15.30 u. 19.30 Uhr; 3.6., 18 Uhr