Text: Dagmar Ellen Fischer | Foto: Arno Declair
Eine Sternstunde des Schauspiels erlebte das Publikum im St. Pauli Theater beim vorletzten Gastspiel des Hamburger Theater Festivals 2014: Dagmar Manzel und Ulrich Matthes brachten „Gift“ aus Berlin. Christian Schwochows Inszenierung vom Deutschen Theater macht aus dem ohnehin brillanten Text von Lot Vekemans eine beklemmend intensive Begegnung zweier Menschen: Nach zehn Jahren ohne jeglichen Kontakt trifft sich ein Ex-Ehepaar am Grab des gemeinsamen Sohnes wieder. Das Treffen gerät zur erschütternden Lebensbilanz und legt nach und nach altbekannte Verletzlichkeiten bloß. „Sie“ kann nicht loslassen und leidet, „Er“ hingegen fand ins Leben zurück. Selten sieht man ein derart nuanciertes Spiel – Dagmar Manzel erhielt für genau diese Rolle am vergangenen Wochenende in Hamburg den deutschen Theaterpreis „Der Faust“. Über 80 Minuten hinweg hielten die beiden eine spannungsgeladene Atmosphäre aufrecht, in der man nicht nur die Nadel, sondern noch den Faden hätte fallen hören können.