Kolumne / Meldung

Hans-Peter Kurr zum 80. Geburtstag

Text: Christian Hanke

Wir kannten ihn als wortgewaltigen, fairen, warmherzigen und immer streitbaren Kollegen. Ein Freigeist, dem Theater verbunden als Schauspieler, Regisseur, Autor und Journalist. Von großer Kenntnis der Geschichte des Theaters. Von lange vergangenen großen Momenten der Theatergeschichte konnte er erzählen, von Heroen der Bühnenkunst, an die sich heute kaum noch jemand erinnert, die er aber noch persönlich kannte. Begebenheiten von den ganz großen Schauspielern, auch in tragischen Momenten, wie die Geschichte vom alternden Hans Quest, der 1947 in der Uraufführung von „Draußen vor der Tür“ in den Hamburger Kammerspielen den Beckmann spielte: „Hans Quest, der im Theater und später in TV- und Filmproduktionen bedeutende Rollen spielte, bis ihn im Alter Probleme des Textlernens heimsuchten und er darunter dergestalt litt, dass er einmal in einem Studio des Hessischen Rundfunks, allwo er in der Inszenierung des Frankfurter Schauspieldirektors Heinrich Koch, dessen Assistent ich nach Schulzeit und Studium geworden war, aus einem Wutanfall gegen sich selber einen Stuhl durch das riesige Atelier schleuderte.“ Ausführlich, in langen Sätzen und mitunter speziellen, aber auch höchst reizvollen Formulierungen schrieb er über sie. Das Wort war seine Sache und er hat es weidlich genutzt – auch als Autor des Hamburger Theatermagazins GODOT.

Nicht aber, um sich in der Vordergrund zu stellen. Nie verhielt er sich uns gegenüber überlegen oder gar überheblich, weil er weit mehr Funktionen im Theaterleben ausgefüllt hatte und noch ausfüllte als wir alle. Immer betrachtete er uns als gleichberechtigt, fühlte sich in unserer Runde sichtlich wohl. Er liebte nicht nur die großen, sondern auch die kleinen Bühnen, gerade die kleinen, wertschätzte den großen Einsatz und die Kreativität dieser meistens ums Überleben kämpfenden Theater.

Hans-Peter Kurr begann als Ägyptologe, machte Ausbildungen als Redakteur und Fotograf, absolvierte schließlich ein Schauspiel- und Regiestudium an der  Folkwang Universität der Künste in Essen. Studiengänge belegte er in Theatergeschichte und Rhetorik. 1981 bis 1984 war Kurr Oberspielleiter am Ernst Deutsch Theater. In seinen letzten Jahren inszenierte er mit seinem Hamburgischen Kulturkontor mit jungen Schauspielerinnen und Schauspielern. Wenn Not am Mann war, sprang er selbst in die Bresche, wie bei der Premiere seiner letzten Inszenierung „Hunger und Durst“ im Theater im Zimmer. Da übernahm er kurzerhand die Hauptrolle. Hans-Peter Kurr war sich für nichts zu schade, wenn es um den Erfolg des Theaters ging. Er starb am 4. April 2016 in Hamburg und hätte am 29. Juni 2017 seinen 80. Geburtstag gefeiert. Lieber Hans-Peter, wir gratulieren dir – wo immer deine Feier jetzt stattfindet!

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