Kritik / Schauspiel

Harry Potter und das verwunschene Kind

Mehr! Theater

Finstere Gestalten sorgen im Auftrag von Lord Voldemort für Angst und Schrecken

Text: Christian Hanke / Foto: Manuel Harlan

Harry Potter ist zurück und zaubert nun auf der Theaterbühne. In deutscher Sprache zum ersten Mal im Hamburger Mehr! Theater in einem Stück, das Harry-Potter-Erfinderin Joanne K. Rowling, Autor Jack Thorne und Regisseur John Tiffany gemeinsam entwickelt haben.

Keine übliche Harry-Potter-Geschichte, denn der jugendliche Held im Kampf gegen das Böse ist erwachsen geworden. Die neue Geschichte spielt 19 Jahr nach der Schlacht von Hogwarts, in der der böse Lord Voldemort vermeintlich endgültig besiegt wurde. Aber wie das in Seriengeschichten so ist: Er kommt zurück. Mit Hilfe verschiedener Zeitebenen greift Voldemort wieder nach der Macht. Mit Zauberei geht eben alles.

Doch Harry Potter – und das macht diese Geschichte besonders – kämpft nicht nur wie üblich gegen die schwarze Magie, sondern hat allseits bekannte Vatersorgen. Sein mittlerer Sprössling Albus, benannt nach dem früheren Hogwarts-Direktor Albus Dumbledore, will sich vom berühmten Vater lösen und eifert ihm dennoch nach. Auch er will ein Held werden und fällt dabei erst einmal auf die Nase, auch weil er das ungestüme, lösungsorientierte Temperament des Vaters geerbt hat. Dabei freundet er sich ausgerechnet mit Scorpius Malfoy an, dem Sohn von Draco Malfoy, dem Dauerrivalen seines Vaters aus den sieben Harry-Potter-Klassikern. Was den Vater-Sohn-Konflikt weiter anheizt. Die Autoren der Theater-Geschichte verstehen ihr Handwerk. Unterstützung erfahren die beiden neuen besten Freunde von Rose, der Tochter von Harry Potters alter Weggefährtin Hermine Granger, die mit Harrys bestem Freund Ron Weasley verheiratet ist. Während die neue Rasselbande tollkühn nach neuem Ruhm und einer besseren Welt dürstet, sind ihre Vorgänger herrlich erwachsen geworden. Harry Potter ist ein verantwortungsbewusster, ordnungsliebender Bürokrat, leitet im Zaubereiministerium die Abteilung für magische Strafverfolgung. Als seine Vorgesetzte amtiert Zaubereiministerin Hermine Granger, nun eine selbstbewusste, sehr vernünftige Frau, die nie den Überblick verliert. Nur Ron ist immer noch ein wenig verpeilt, führt ein Geschäft für zauberhafte Zauberscherze.

Aber was wäre diese schöne Geschichte ums Erwachsenwerden, um klassische Generationskonflikte und Treue unter Freunden, wenn nicht phänomenale Bühnentechnik das Geschehen unterstützen würde. Denn sie ist natürlich auch eine Zaubereigeschichte. Um Verwandlungen, fliegende Menschen, grausige Gestalten wie die Dementoren, Auftritte durch flackerndes Kaminfeuer und sekundenschnelle Wechsel von Ort und Zeit auf der Bühne des Mehr! Theaters zu ermöglichen, haben die Produzenten keine Kosten und Mühen gescheut. Da wird ein faszinierender Technikzauber abgebrannt.

Zudem wird das Publikum in eine perfekt hergerichtete Harry-Potter-Welt hineingesetzt. Der Zuschauerraum, der über 1.600 Plätze verfügt, gleicht einer großen Halle. Die Wandlampen werden von kleinen Drachen getragen. Die Bühne gibt die altenglische Atmosphäre der Harry-Potter-Welt perfekt wieder. Mit zwei großen fahrenden Treppen lassen sich viele Szenen multifunktional gestalten. In den Foyers begegnen dem Publikum allerorten Harry-Potter-Motive. Hogwarts ist hier überall.

Hamburg ist um ein einmaliges Theatererlebnis reicher. Mit 37 Darstellern, die mitunter täglich in zwei Stücken von zusammen fast sechs Stunden Dauer alles geben und die Harry-Potter-Fans nicht enttäuschen.

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*