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Hogen Besöök

Ohnsorg Theater
Hogen Besöök

Milliardärin Claire (Beate Kiupel, r.) will Geld geben für den Tod ihrer Jugendliebe Ill (Frank Grupe, 2.v.r.). Der Bürgermeister (Oskar Ketelhut, l.) und Frau Ill (Meike Meinrs) sind  entsetzt – noch …

Text: Christian Hanke | Foto: Maike Kollenrott

Wieder eine ungewöhnliche Premiere im Ohnsorg Theater. Zum ersten Mal wurde an der niederdeutschen Bühne ein Stück von Friedrich Dürrenmatt inszeniert: „Der Besuch der alten Dame“, plattdütsch „Hogen Besöök“. Diesen modernen Klassiker um eine rachsüchtige Milliardärin, im Orginal von 1956 noch Multimillionärin, die in ihre kleine Heimatgemeinde zurückkehrt, um sich Gerechtigkeit zu erkaufen, haben Jens Pesel (Regie) und Frank Grupe (plattdeutsche Übersetzung und männliche Hauptrolle) ins Norddeutsche und in die Gegenwart übertragen.

Die Milliardärin Claire Zachanessian kündigt an, ihrem Heimatort eine Milliarde Euro zukommen zu lassen, die Hälfte für die Gemeinde, die andere Hälfte zur Aufteilung unter den Einwohnern. Grausame Bedingung: Ihre Jugendliebe, der Kramladenbesitzer Alfred Ill muss sterben. Ill hatte einst die Vaterschaft des gemeinsamen Kindes mit Claire verleugnet. Zwei geschmierte Zeugen hatten ausgesagt, mit Claire geschlafen zu haben. Claire wurde eine Hure. Einer ihrer Freier, den sie heiratete, machte sie zur Milliardärin. Doch sie will „Gerechtigkeit“. Die sieht so aus: „De Welt hett mi to en Hure maakt, nu maak ik ehr to’n Bordell.“

Ihre Forderung wird zur Zerreißprobe für die kleine Gemeinde. Alle weisen Claires Forderung entrüstet zurück, doch die riesige Summe der Milliardärin wird immer verlockender …

Jens Pesel hat Dürrenmatts „tragische Komödie“ in bester Ohnsorg-Manier geradlinig, klar und deutlich, manchmal überdeutlich, im gelungen vermüllten Bühnenbild von Siegfried E. Mayer inszeniert. Beate Kiupel erstarrt als vielfach zusammengeflickte Claire in puppenhafter Dauerpose: entmenschlicht von frühem Leid und vielem Geld. Erschreckend gut. Die Bürger ihrer Heimatgemeinde verkörpern nahezu alle Ohnsorg-Stars: Erkki Hopf, Oskar Ketelhut, Markus Gillich, Manfred Bettinger, Robert Eder, Till Huster, Meike Meiners, ebenso erschreckend überzeugend als dem Mammon erliegende Kleinbürger. Nils Owe Krack sorgt als Claires Gatten Nr. 6 bis 8, für kleine Glanznummern am Rande. Eine gelungene Inszenierung, wie der Autor es empfahl; „Man inszeniere mich auf die Richtung von Volksstücken hin.“

Aufführungen bis zum 13. November im Ohnsorg Theater

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