Von rechts guckt ein Huhn hinterm türkis-himmelblauen Bühnentuch hervor, Heidrun (Judith Compes), gack gack. Von links guckt ein Huhn hervor, gack gack, Gudrun (Sabine Dahlhaus). So beginnt die hochkomische Geschichte zweier Hühner in der Regie von Gero Vierhuff auf der Bühne des Fundus Theaters; nach dem Bilderbuch „Ach nein! – Und wenn schon!“ von Rotraut Susanne Berner. Während Heidrun immer hinaus ins Freie in die Sonne will, möchte Gudrun lieber zu Hause bleiben. „Ich erwarte ein Ei!“
Es ist die Premiere eines freien Produktionsteams, das Komik für die Kleinsten (ab vier Jahren) auf hohem Niveau zu inszenieren weiß. Das (mehrheitlich erwachsene) Publikum im ausverkauften Saal genießt kichernd Compes’ und Dahlhaus’ Spiel, nein Verkörperung der Freundinnen-Hühner in ihren Tütü-Federkleidern. Alles passt, alles sitzt, von der Zirkus-, Stummfilm-Musik mit Piano, Bass oder Xylophon von Stefan Wiegand bis zur liebevollen Ausstattung von Marcel Weinand, dessen häusliche Truhe mal eben einfach umgedreht zum Bollerwagen für den Ausflug wird.
Obendrauf thront Gudrun, wie eine Prinzessin, das rosa Schirmchen in der Hand drehend, eben hat sie das Ei entbunden. Das nutzen die beiden zum Hühner-Philosophieren. „Wo kommen wir her, was war zuerst da, Huhn oder Ei?“ Der Text kommt mit genau dosiertem Sprachwitz daher, kein Wort ist zu viel. Sprech-Timing, Lautmalerei, (Huhn)Bewegung und Dynamik der beiden Schauspielerinnen begeistern.
Grad noch haben sie sich gestritten, Gudrun und Heidrun – wie schon in „ERNEST oder wie man ihn vergisst“ im vergangenen Jahr bekriegen sich Compes und Dahlhaus in einem kleinen Veitstanz, nur diesmal als Hühnerpaar. Lautmalerisch oder wie Menschen mit Worten streiten sie. „Gleich werd ich fuchsig!“, faucht Heidrun, wenn Gudrun sich nicht endlich anzieht, damit es losgehen kann, über den Bach und die Felswand hoch. Und was hat Gudrun nicht alles für Einwände: zu kalt draußen, zu wenig Proviant im Haus und regnen könnte es auch.
Schließlich fügt sich Gudrun, die Ei-Mutter, zieht die Strickjacke über und lässt sich im Wagen ziehen. Unterwegs entdeckt sie den Himmel, das schöne Grün und ein Eichhörnchen. Plötzlich vergisst sie jedes Risiko, wirft sogar den Schirm fort. Und dann ist es Heidrun, die Gudrun braucht. „Autsch, ich hab ein Hühnerauge.“ Gudrun, aller Sorgen entledigt, strotz vor Tatkraft. Sie wickelt den Verband um Heidruns Augen. Falsch. Macht nichts, wird gleich geändert.
Auf der schönen Picknick-Wiese ist jeder Platz der beste. Apfel und Brot schmecken köstlich. Plötzlich fängt es an zu tröpfeln. Sollte es doch noch regnen? Oje! „Und wenn schon!“ Denn das Vergnügen, draußen zu sein, teilen sie am Ende beide.
Text: Angela Dietz
Foto: Ellen Coenders
Weitere Vorstellungen im Fundus Theater: Di., 12. und Mi., 13. Juni 2012, jeweils 10 Uhr