„In 108 Tagen um die Welt“ – einen gigantischen Stoff haben sich die 7- bis 11-Jährigen der Theaterschule Zeppelin in ihrem aktuellen Stück vorgenommen, mit dem gleichzeitig die neue Spielzeit auf dem HoheLuftschiff eröffnet wurde. Maria Kowalsky, die als Kindergruppenleiterin seit drei Jahren zum Zeppelin-Team gehört, hat für die schauspielbegeisterten Kinder ein Stück in 14 Szenen entwickelt und geschrieben, in dem sie bei ihrer Reise um die Welt unter anderem den fünf großen Weltreligionen begegnen: Christentum, Judentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus.
Wir erinnern uns: Jules Verne brauchte für seine Reise um die Welt 80 Tage. Dass die Zeppelin-Kinder 108 veranschlagt haben, deutet jedoch nicht darauf hin, dass sie langsamer reisen als Vernes Hauptfigur Phileas Fogg – vielleicht intensiver … Die 108 lässt sich eher symbolisch deuten, ist in asiatischen Religionen doch eine heilige Zahl und im Sprachgebrauch oft mit „einer unbeschreiblich großen Anzahl von Dingen“ übersetzt.
Und „eine unbeschreiblich große Anzahl von Dingen“ erscheint, womit die Kinder im Lauf ihrer Reise konfrontiert werden: Grundfragen wie die nach der Herkunft des Menschen, der Unterschiedlichkeit der kulturellen Bedingungen, Tierschutz, Weltwirtschaft und Medien. Aufgehängt ist die Geschichte an zwei unterschiedlichen Frauen, einer reichen Dame und einer jungen, eher armen, dafür neugierigen Frau, die nicht hinnehmen mag, dass die Verhältnisse auf der Welt so sind wie sie sind und sie skeptisch kommentiert. Zusammen bereisen die beiden die Kontinente Asien, Amerika, Afrika und Europa. Von dieser Reise wird live berichtet. Ein Reporterteam schickt laufend Bilder und Töne in das Hamburger Nachrichtenstudio. Dabei geht es vorrangig nicht einmal um Unterhaltung, sondern um die Frage, womit das Fernsehen uns eigentlich täglich füttert. Die Zeppelin-Event-Moderatorin jedenfalls macht unmissverständlich deutlich, wie affektiert und oberflächlich Nachrichten aufbereitet werden.
Die schauspielerische Leistung der Kinder ist außergewöhnlich. Eigentlich „erwachsene“ Inhalte wurden offensichtlich spielerisch so intensiv erarbeitet, dass keines der Kinder nur auswendig vor sich hin sagte, was im Grunde nicht verstanden war. Maria Kowalsky überraschte diese Leistung der Kinder weniger. „Sie selbst haben mich zu diesem Stück inspiriert. Viele Dialoge entstanden aus den Proben“, sagt die Regisseurin. Überhaupt: Die vermeintlich schweren Themen des Stücks gehen ihrer Meinung nach alle an – egal in welchem Alter. Die begeistert beklatschte Premiere zeigte, dass es sich – auch und vor allem für die Kinder selbst – lohnt, Theaterarbeit im Hier und Jetzt anzusetzen.
Text: Stephanie Schiller
Foto: Silke Busse