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In alter Frische

Komödie Winterhuder Fährhaus
In alter Frische

Ein Rentner-Rap für den Ritter: Ludwig hat Geburtstag

Text: Christian Hanke / Foto: Barbara Braun

In die Jahre gekommener Pädagoge unterrichtet junges Mädchen ohne Bildung. Dieses Thema hat derzeit auf Hamburgs Bühnen Konjunktur. Neben den bekannten Versionen „Pygmalion“ (Thalia Theater) und „Educating Rita“ (English Theatre) zeigt die Komödie Winterhuder Fährhaus Stefan Vögels Komödie „In alter Frische“. Hier ist es ein früherer Schuldirektor aus altem Rittergeschlecht, der einer jungen Schulabbrecherin mit Kind noch zum Abschluss verhelfen will. Auch weil dieses Thema nicht das einzige des Stückes ist, wurde es nicht mit der Intensität bearbeitet wie in den berühmten Vorgängern.

„In alter Frische“ spielt in einer Seniorenresidenz, in der Ludwig von Schwitters, ein höchst eigenwillige Ritter, an jedem Sonntag mit drei Mitbewohnern „Trivial Pursuit“ spielt und seine Mitspieler Elisabeth, Norbert und Franz Josef schulmeisterlich maßregelt. Was ihm angesichts typischer Altersleiden – Ex-Bahnhofsvorsteher Norbert kann kaum noch gucken, Franz Josef wackelt mit dem Kopf und ist leicht dement – nicht schwer fällt. Aber auch von Schwitters hat mit altersbedingten Einschränkungen zu kämpfen. Daraus zieht Vögels Stück bewährte Komik: Paula kommt ins Spiel, um von Schwitters seinen Sonntagsbraten zu bringen, den er dem Essen in der Residenz vorzieht. Die junge Mutter ersetzt einen Studenten, den der Ex-Rektor gefördert hatte. Mit ihrer direkten, mitunter rotzfrechen Art erweist sich Paula dem Ritter gegenüber als ebenbürtig, der schließlich einwilligt, sie in Mathematik auf ihren Schulabschluss vorzubereiten. Beide sehen in dem jeweils anderen einen verlorenen direkten Verwandten. Für Paula ist der Lehrer Ersatz für den nie gekannten Vater, und für von Schwitters ersetzt Paula die Tochter, die den Kontakt zu ihm abgebrochen hat, weil der seine Schule versoffen hat und mit seiner Geliebten durchbrannte.

„In alter Frische“ ist eine ernsthafte Komödie über verschiedene Formen menschlicher Nähe, nicht allzu tiefgründig und manchmal von etwas plattem Witz, aber gespielt von einem bestens aufgelegten Ensemble: Walter Plathe in der Hauptrolle; Brigitte Grothum, Philipp Sonntag und Siegfried Kadow in den Rollen der altersschwachen „Trivial-Pursuit“-Spielern; einer quirligen Joanna Semmelrogge, die für ordentlich Schwung sorgt, und Konstanze Proebster als resolute Krankenschwester, auch als „Panzerkreuzer“ tituliert.

Aufführungen bis 22. Mai, Komödie Winterhuder Fährhaus

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