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Karamasow

Kampnagel
Karamasow

In komplizierter Konstellation: Bruder Karamasow (Devid Striesow) und die kranke Lisa (Ursina Lardi)

Text: Dagmar Ellen Fischer | Foto: Arwed Messmer lux Fotografen

Von Dostojewskis drei „Brüdern Karamasow“ bleibt nur einer übrig: Thorsten Lensings vierstündige Inszenierung des 1000-seitigen Romans stellt einen „Karamasow“ in den Mittelpunkt, gespielt von Devid Striesow mit der ihm eigenen Lässigkeit – für ein hohes Staraufkommen sind Lensings freie Produktionen bekannt. An seiner Seite Ursina Lardi, die in der Rolle der Lisa den Grund liefert, warum Mönch Karamasow sich vom Kloster ab- und dem sinnlichen Leben zuwendet.

Doch kein Abbild der russischen Gesellschaft im 19. Jahrhundert, sondern eine zeitlose Auseinandersetzung mit Schuld bringt der Regisseur auf die Bühne: Nur Kinder und Tiere bleiben unschuldig in der verdorbenen Welt, doch gerade die werden oft zu beklagenswerten Opfern. Glaubwürdig verwandeln sich Schauspieler ab 40plus in Neun-, 14- und 19-Jährige! Oder gar in einen Hund: André Jung – bis zum Jahr 2000 im Ensemble des Schauspielhauses Hamburg – mutiert sabbernd, bellend und knurrend zum absoluten Publikumsliebling. Seiner sensationellen Darstellung ist es zu verdanken, dass selbst die trostloseste Stimmung immer mit anrührender Komik gebrochen wird. Das Gastspiel auf Kampnagel wurde vom Publikum kurz vor Mitternacht frenetisch gefeiert.

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