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König Artus

Deutsches Schauspielhaus
Kluge Ritter und Pferde? Fehlanzeige bei „König Artus“

Kluge Ritter und Pferde? Fehlanzeige bei „König Artus“

Text: Oliver Törner | Foto: Torre Aqua c/o Scheune

Eigentlich wird Artus später nur König, weil er zu Hause immer abwaschen muss und das, obwohl er doch grundsätzlich „ein Problem mit Geschirr“ hat. Das gesteht er jedenfalls der schwertfuchtelnden Guinevere, die er als Ausreißer unterwegs trifft. Und während er am liebsten immer einen großen Bogen um gewalttätige Auseinandersetzungen macht, möchte sie sich vor allem an Mordred, dem Mörder ihrer Familie, rächen. Ein ungleiches Paar (sehr schön aufeinander abgestimmt: Bastian Reiber und Anne Müller) geht auf Wanderschaft durch ein Land voller „Hunger, Krieg und Pein“.

Es ist eine wahrlich fantastische Reise auf die die Zuschauer ab 8 Jahre mitgenommen werden. Mit allen Ingredienzien eines großen Ritter-Fantasy-Spektakels. Es gibt Zauberer und Ungeheuer, Schwertkämpfe und Verfolgungen, machtgierige Hinterlist und überragenden Mut. In einer tollen Ausstattung mit ausdauernd rotierendem Bühnenbild (Robert Schweer), das den Blick ständig magnetisiert.

Und doch ist in dieser Geschichte über die Jugendjahre von Artus und sein Heranreifen zu königlichem Format alles anders, als hinlänglich auf Basis der Sage um den englischen König zu erwarten. Die Autoren Markus Bothe (auch Regie) und Nora Khuon haben die Rittergeschichte einfühlsam, aber deutlich gegen den Strich gebürstet. Hier kommen die Ritter nicht gut weg. Sie sind eher hohlköpfige Kampfroboter, die schon längst nicht mehr wissen, warum sie auf einander einprügeln. Traditionelle höfische Ziele sind zerschlissen. Kein Retter erscheint aus dem (Bühnen-)Himmel. Es sei denn der große Zauberer Merlin (Heiner Stadelmann). Der aber gibt nichts vor, sondern bringt unsere beiden jugendlichen Hauptpersonen vor allem zu einem: zum Nachdenken. Über sich. Über ihre Ziele. Über ihre Möglichkeiten.

Das große Thema ist die Bedrohung von außen in einer kriegerischen Welt. Wenn Artus und Guinevere von Merlin vorübergehend zu Ameisen erst und später zu Fischen verwandelt werden (tolle Kostüme: Justina Klimczyk), lernen sie im Mikrokosmos, welche Verteidigungsstrategien die Natur so vorhält. Und müssen doch ihren eigenen Weg finden. Und der kann unorthodox sein. Guinevere zwingt Mordred eher mit Judo in den Staub und weniger mit dem Schwert. Artus muss sich für die Tafelrunde mit den großmäuligen, großrednerischen Rittern begnügen, die er nun mal vorfindet. Bessere gibt es nicht. Und da er mit dem ihm zugekommenen Schwert, das ihn als König ausweist, nichts anfagen kann und mag, will er auch König nur sein, wenn alle mit ihm gemeinsam regieren – was sie auch etwas zickig probieren wollen.

Nur der machtgierige Mordred (schön gockelig: Jonas Hien) will nicht mitmachen. Kaum ist ihm das Leben geschenkt, erklärt er, mit „Einigkeit und Recht und Freiheit“ nicht viel im Sinn zu haben. Er behält nach allen hehren Regierungsbekundungen das letzte Wort: „I shall become the King.“ Doch diesen mähneschüttelnden Punk braucht man zum Glück nun nicht mehr ernst zu nehmen. Oder?

Weitere Termine: fast täglich bis 27.12.14, meist 10 Uhr, aber auch 15 oder 18 Uhr. Infos: hier.

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