Kritik / Musiktheater

Macbeth

Kampnagel
Text: Dagmar Ellen Fischer

Starre Augen blicken ins Publi­kum: Fotos von toten Menschen werden groß­for­ma­tig auf die Bühnen­rück­wand proji­ziert. Diese Bilder sind nur schwer auszu­hal­ten, doch wech­seln sie mit großen akus­ti­schen Glücks­mo­men­ten: Verdis Oper „Macbeth“, gespielt vom wunder­ba­ren Orches­ter „No Borders“, und die betö­ren­den Stim­men der Sänger. Der zurzeit ange­sag­teste Regis­seur Südafri­kas, Brett Bailey, sorgte mit seiner 100-minü­ti­gen Inter­pre­ta­tion des Stof­fes für einen sensa­tio­nel­len Saison­start auf Kampnagel.

Mit einem Kunst­griff verla­gert er Shake­speares bluti­ges Drama aus dem mittel­al­ter­li­chen Schott­land auf den afri­ka­ni­schen Konti­nent im 21. Jahr­hun­dert: Nach­rich­ten geben Auskunft über einen gewis­sen Macbeth, der im Kongo skru­pel­los mordend seinen Aufstieg betreibt. Dazu erklingt eine Auswahl Arien und berüh­ren­der Chor­ge­sänge aus der gleich­na­mi­gen Oper, die Verdi 1847 nach der lite­ra­ri­schen Vorlage schuf. Niemand spricht ein Wort, die Geschichte erzählt sich durch Musik und die deut­schen Über­ti­tel der auf italie­nisch gesun­ge­nen Texte. Verblüf­fend und erschre­ckend, wie sich die Macht­ge­füge der unter­schied­li­chen Epochen ähneln und eines immer gleich bleibt: Das Leid der Menschen, die den Despo­ten ausge­lie­fert sind.

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