Text: Dagmar Ellen Fischer | Foto: Sinje Hasheider
Die Zeiten, in denen eine schwangere Frau darauf angewiesen war, (von wem auch immer) kurz vor ihrer Niederkunft geheiratet zu werden, sind vorbei. 1843 jedoch, als Friedrich Hebbel seine Tragödie „Maria Magdalena“ veröffentlichte, herrschten andere, scheinheilige Moralvorstellungen, die er mit seinem bürgerlichen Trauerspiel entlarven wollte. Alexander Riemenschneider inszenierte es für Zuschauer ab 14 Jahre nun am Jungen Schauspielhaus.
Klara, die Tochter einer ehrbaren Handwerkerfamilie hat sich von ihrem Verlobten zu vorehelichem Geschlechtsverkehr überreden und schwängern lassen. Der potenzielle Schwiegersohn löst die Verlobung, als er erfährt, dass er keine Mitgift zu erwarten hat. Aus Angst, ihr Vater könne sich ob der Schande umbringen, begeht die Tochter im vorauseilenden Gehorsam Selbstmord. In einem großartigen Bühnenbild aus symbolisierter Engstirnigkeit (ein konisch nach hinten zulaufender Gang) spielt das Ensemble samt Gast gewohnt differenziert, nur die Titelfigur bleibt seltsam unbeteiligt und wenig überzeugend; damit fehlt dem Stück das Zentrum. Selbst als Verweis auf sogenannte Parallelwelten, wie sie mit einer vergleichbaren vernagelten Frauenfeindlichkeit immer noch existieren, wirkt die Thematik des 19. Jahrhunderts zum Glück heute und hierzulande exotisch.
Weitere Vorstellungen: 21.5. um 10:30 Uhr, 21.-23.5. um 19 Uhr, 26./27./29.6. um 19 Uhr