Text: Dagmar Ellen Fischer / Foto: Margaux Weiß
Ob von der grellen Sonne, einer flackernden Kerze oder der Straßenlaterne: Licht gehört so selbstverständlich zu unserem Leben, dass kaum noch jemand darüber nachdenkt – es sei denn, wir vermissen es. Nachts im dunklen Zimmer. Oder im finsteren Theater … Das ebenso abstrakte wie alltägliche Thema steht im Mittelpunkt des jüngsten Stücks vom Forschungstheater: Mit „Mehr Licht!“ wurde das diesjährige Hamburger Kindertheater Treffen am 26. Februar eröffnet.
Die erzählende Spielerin Hannah Kowalski bereitet die Kinder im Publikum behutsam auf die Theater-Finsternis vor: Wer ein sogenanntes Sicherheitslicht braucht, bekommt eine batteriebetriebene Kerze vor die Füße gestellt. Dann werden etwaige Gestalten, die in der bevorstehenden Dunkelheit auftauchen könnten, mit Worten gebannt: Gegen die Angst vor Monstern, Gespenstern oder Vampiren hilft „Familie sein“, rät ein kleiner Junge, oder „so tun, als ob man schläft“.
Dass gerade im Theater Licht in allen Schattierungen eine wichtige Rolle spielt, beweist der gut ausgeleuchtete Auftritt von Musiker und Spieler Tobias Kleine. Gemeinsam mit Hannah begibt er sich auf die spannende Forschungsreise.
Verblüfft stellen einige Kinder fest, dass auch im abgedunkelten Theaterraum noch winzige Lichtquellen auszumachen sind: am elektrisch betriebenen Musikinstrument von Tobias, am Schaltpult des Technikers und an einer Filmkamera. Und sobald sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, sind auch die anderen Zuschauer wieder da. Die sitzen sich in diesem Licht-Labor in jeweils zwei Reihen an den Längsseiten des Raumes gegenüber, zwischen ihnen liegt die Spielfläche. Und die wird von Hannah und Tobias mit weißem Papier ausgekleidet, zu den beiden freien Seiten hin vom Fußboden bis zur Decke und als Bodenbelag. In diesem hellen Raum begegnet Hannah, von Scheinwerfern angestrahlt, ihrem Schatten, der je nach Abstand zur Seitenwand klein oder riesig werden kann. Vor ihrem Schatten davon zu laufen, gelingt ihr zum großen Vergnügen der Kinder natürlich nicht.
„Nichts ist schneller als Licht“, sagen die Wissenschaftler. Davon fühlen sich die beiden Spieler herausgefordert und starten einen Wettlauf gegen den Scheinwerfer. Das Licht gewinnt, der Schein kommt deutlich früher als die beiden Läufer an der gegenüberliegenden Wand an. „Weißes Licht ist die perfekte Mischung alle Farben“, behaupten die Experten weiter. Auch das will niemand ohne Beweis so einfach glauben, und so bekommen drei Lichtquellen eine rote, blaue und grüne Maske aufgesetzt: Jede Farbe allein kann sich behaupten, doch wenn alle drei zusammen leuchten, lösen sie sich tatsächlich in weißem Licht auf.
Und noch etwas haben Lichtforscher festgestellt: „Die Farben werden sichtbar, wenn das Licht gebrochen wird“ – aber wie soll man denn Licht kaputt machen? Für dieses Experiment sind zwei Aquarien notwendig, und das Wasser darin – ohne Fische, wie die Kinder gleich bemerken – wird von oben mit weißem Licht angestrahlt. Vom gekippten Bassin aus wird der Lichtstrahl auf die weiße Wand umgeleitet – und reflektiert dort zur Verblüffung des Publikums alle Regenbogenfarben!
Die beiden ebenso sympathischen wie leidenschaftlichen Forscher überprüfen noch zwei weitere Erkenntnisse zum Licht, dazu verwandelt sich Tobias per Verkleidung kurzerhand in Hannahs Vater, der tatsächlich als Physiker arbeitet. Und sie erinnert sich, dass sie ihn als Kind fragte: Warum ist der Himmel blau? Wir wissen nicht, ob sie seine damalige Erklärung verstanden hat, doch nach diesem Theaterbesuch ist jedem Zuschauer, ob Zielgruppe ab drei Jahren oder erwachsenem Besucher, ein Licht aufgegangen.
Zum Ende des ebenso unterhaltsamen wie lehrreichen Theaterstücks schickt jeder im Publikum seinen ganz persönlichen, strahlenden Stern an den Theaterhimmel. Wie? Das muss man selbst erlebt haben …