Kritik / Musiktheater

Mord auf Backbord

Opernloft
Mord auf Backbord

Schon wieder eine Leiche? Polizistin Rebecca (Rebecca Aline Frese, links) mit ihrer Urlaubsbekanntschaft (Aline Lettow)

Text: Sören Ingwersen | Foto: Inken Rahardt

Eine Kreuzfahrt, die ist lustig – auch wenn die eine oder andere Leiche das Seevergnügen schmälert. Auf dem Sonnendeck der MS Opera ermittelt Undercover-Polizistin Rebecca gegen den entflohenen Doppelmörder José Lizarrabengoa – und geht der mitreisenden Opernsängerin Aline dabei gehörig auf den Keks. Während die mondäne Aline einfach nur entspannen und gelegentlich eine schöne Arie trällern möchte, plappert Rebecca ohne Punkt und Komma – und ist dazu auch noch extrem verpeilt. Das komische Frauenpaar ist der Dreh- und Angelpunkt in der neuen Krimioper „Mord auf Backbord“, mit der das Regieduo Susann Oberacker und Hannah Schlags die Besucher des Opernlofts auf eine Abenteuerfahrt durch drei Opern einlädt, um deren mörderische Kerne Oberackers Dialogtexte ein neue Handlung stricken.

So betören die Sängerinnen Rebecca Aline Frese und Aline Lettow mit einem erlesenen Arien-Mix aus Verdis „Il Trovatore“, Bizets „Carmen“ und Leoncavallos „Pagliacci“, fischen aber auch beherzt im Pool von Schlager und Volkslied – Lettow mit einem Sopran, der die mediterrane Sonne aufgehen lässt,  Frese mit einem Mezzo, der in den Ohren kräftig nachglüht. So geht die Reise mit Pauline Viardots „Havanaise“, José Padillas „Valencia“ und melodieseligen Schmachtfetzen wie „Santa Lucia“ und „Ciao, Ciao bambina“ von Bilbao durchs Mittelmeer bis nach Neapel, derweil Tim Berger als fescher Steward Polizistin Rebecca von ihren eigentlichen Aufgaben ablenkt oder als Comisario Gonzáles seine fachliche Ratlosigkeit mit einer Sonnenbrille zu kaschieren versucht. Was die Mordfälle anbelangt, tappt allerdings auch Publikum so ziemlich im Dunkeln, allzu wirr sind die verbal vorgetragenen Verstrickungen, wobei etwas weniger Sprechtext der Krimioper insgesamt gut getan hätte.

So ist es vor allem die quirlige und quietschkomische Rebecca Aline Frese, die durch den Abend trägt. Wenn sie als vegane Polizistin angesichts einer grausamen Stierkampfaufführung ihr Leid mit einer konsequent schiefgesungenen „Habanera“ zum Ausdruck bringt, ist das ganz große Clownerie. Schade, dass die Komik der Figuren im Kostüm keinen deutlicheren Akzent erhält. Auch das spieltechnische Potenzial des Schiffsdecks mit den zwei Ebenen und drei Fenstern scheint nicht voll ausgeschöpft. Trotzdem ist diese Krimioper ein kurzweiliges Vergnügen, bei dem Pianist Markus Bruker nicht nur die Kapitänsmütze aufhat, sondern auch für die musikalische Leitung und die Arrangements verantwortlich zeichnet. Zusammen mit Tim Beger an Saxofon und Klarinette sowie Christof Lewandofski am Kontrabass liefert er den klingenden Kokon für die beiden Frauenstimmen. Da wird zwar der teils tiefe emotionale Gehalt der Arien im Ausdruck etwas stiefmütterlich behandelt, dafür geht es im Sangesreigen flott voran. Schließlich möchte man auf einer Kreuzfahr irgendwann auch mal im Zielhafen ankommen.

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