Mitten auf der Schanze trifft sich auch dieses Jahr wieder die junge Theaterszene zum Schauen, Diskutieren und Networken zwischen Clubnächten, Grillfesten und Theateraufführungen, darunter Schauspieler, Dramaturgen, Regisseure und Autoren. „Kaltstart“ in Hamburg ist das größte Nachwuchstheaterfestival im deutschsprachigen Raum. Alle Künstler verzichten auf Gagen und spielen gegen Kost und Logis unplugged für das interessierte Publikum. Unter dem blauen Logo der gut betankten Nixe finden die Aufführungen im Haus III&7, in Clubs, Theatern, der Theaterakademie und Open Air vom 2. bis 14. Juli statt. „Kaltstart“ steht für junges, spannendes, experimentelles Theater auf hohem Niveau. Übrigens werden keine Preise verliehen, und das ist erklärtermaßen Absicht: Werkschau, Momentaufnahme, Diskussion. Fünf Sparten gliedern das Programm.
Autorenlounge
In der „Autorenlounge“ stellen an zwei Abenden junge Dramatiker dem Publikum ihre Texte vor. Sechs jungen Autoren und Autorinnen treffen mit ihren Texten und Anliegen auf sechs Dramaturgen und Dramaturginnen von Theatern aus Hamburg, Graz, Köln, Kassel, Braunschweig und Hannover. Selten bietet sich in Deutschland ein derart großes Forum für junge Dramatiker und Dramatikerinnen, um über Text und Theatertauglichkeit zu diskutieren. Die Textschaffenden sind jedoch keineswegs Debütanten. Die meisten heimsten schon Preise für ihre Texte ein und wurden mehrfach aufgeführt. (7. und 8. Juli jeweils um 18 Uhr im Kulturhaus III&70)
Finale
Im „Finale“ präsentiert der Nachwuchs der Theaterakademie seine Arbeiten. Und da heißt es: Wer die Wahl hat, hat die Qual. Hier werden 17 Produktionen – Theater, Performance, Oper und Konzert – an acht Abenden gezeigt, allesamt von Studierenden der Hamburger Theaterakademie oder kooperierenden Hochschulen. Man darf gespannt sein, was sie aus Klassikern wie „Fauts“ (!), „Woyzeck“, „Kohlhaas“, „Werther“ sowie „Dido und Aeneas“ machen, wie sie die Sprachkünstlerin Gertrude Stein inszenieren oder Henry Purcell. Wieder zu Gast: die Berliner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch. (Zeisehallen der Theaterakademie Hamburg)
Fringe
„Fringe“ steht für die Street Performer der freien Szene an ungewöhnlichen Plätzen. Ihnen kann man angesichts des gefühlten Herbstes nur trockenes Wetter wünschen. Die rund zehn Off-Theater-Produktionen spielen auf der Straße, im Hof oder im Park, künstlerische Interventionen, oftmals spartenübergreifend und sich direkt auf den öffentlichen Raum beziehend. Klingt hochanspruchsvoll, ist es vielleicht auch, aber bestimmt ebenso unterhaltsam, wenn man liest, wer da mitspielt: Königin auf Campingplatz, Aufziehpuppe und Teddybär, Fallwinde von tanzenden Türmen und Gentrifi-ihrwisstschonwie-Verdrängung. (Flora Park, Susannenstraße/Bartelsstraße, Schanzenpark/S-Sternschanze, Knust-Vorplatz)
Kaltstart Jung
„Kaltstart Jung“ ist ganz neu im Programm und öffnet die Bühnen für die Theaterjugend an Schulen und jungen Schauspielabteilungen der Häuser. Zu Gast sind das „Junge Theater – jup! Am Stadttheater Bremerhaven“. Die Gruppe setzt sich in „Feiert!Facebookt!Folgt!“ mit der Suche auseinander, wo’s langgeht im Leben. Und das „Jugendtheater Ernst Deutsch Theater – Theatrales Philosophieren“ bringt „Realität/Platon“: Zehn junge Erwachsene interpretieren Platons Höhlengleichnis, um darin auch ihre eigenen Vorstellungen von Realität zu entdecken. (Kulturhaus III&70, 6. Juli, 21.30 Uhr; 9. Juli, 20 Uhr)
Kaltstart Pro
Schließlich gibt es bei „Kaltstart Pro“ zahlreiche Gastspielproduktionen von jungen Regisseuren zu sehen. Sie kommen vom Staatstheatern, unter anderem aus Kassel, von der Schaubühne am Lehniner Platz und vom Nationaltheater Mannheim. (Kulturhaus III&70)
Unkonventionelle Orte, günstige Eintrittspreise und lockere Atmosphäre bringt Theater mitten ins Szeneleben. Eine gute Gelegenheit genügend Kulturvorrat für die spielfreie Zeit der Sommerpause anzulegen!
Text: Birgit Schmalmack/Angela Dietz
Foto: Karl-Bernd Karwasz
Alle Kaltstart-Termine im GODOT-Spielplan.
Weitere Infos unter: www.kaltstart-hamburg.de