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Pegasus wird flügellahm

ExxonMobil streicht Privattheaterpreis
Pegasus Preis
Text: Sören Ingwersen

In vielen Hamburger Privattheatern sieht man es an prominenter Stelle stehen: das geflügelte goldene Pferd. Seit 1999 verleiht ExxonMobil jährlich den mit 35.000 Euro dotierten Pegasus-Preis für herausragende Spielzeiten oder Inszenierungen an Hamburger Privattheatern. Nun teilt die Pressestelle des Mineralölkonzerns überraschend kurzfristig mit, dass es den bundesweit höchstdotierten Preis für Privattheater zukünftig nicht mehr geben wird. Begründung: keine.

Das ist ein bisschen so, als hätte ein Regisseur im letzten Akt die Lust an seiner eigenen, bis dahin sehr gelungenen Inszenierung verloren. Jeder gute Dramaturg weiß, das ein Ende vorbereitet werden und alle Fäden noch einmal zusammenführen sollte. ExxonMobil schneidet sie kurzerhand ab. Wie aufrichtig kann die Liebe zu einem Kind sein, das man so einfach sterben lässt?

Für die Hamburger Privattheater war der alljährlich verliehene Pegasus-Preis, über dessen Vergabe eine unabhängige Jury aus sieben Kulturjournalisten entschied, von großer Bedeutung. Während die ausgezeichneten Theater mit dem Preisgeld eine zusätzliche Produktion realisieren konnten, war insbesondere die mit dem Preis verbundene mediale Aufmerksamkeit für die Häuser von unschätzbarem Wert. Ein Wert, der auf das Unternehmen ExxonMobil zurückstrahlte, das sich auch in anderen Bereichen um die Förderung der Kultur in Hamburg kümmert. Doch der Nutzen dieser Imagekampagne für beide Seiten wurde offenbar von allen höher eingeschätzt als von ExxonMobil selbst.

Wenn am 21. November die Pegasus-Preisverleihung in der Komödie Winterhuder Fährhaus stattfindet, wo das hauseigene Theater Kontraste für seine herausragende Spielzeit 2015/2016 ausgezeichnet wird, wird der goldene Pegasus zum letzten Mal seine Flügel ausbreiten. Was am Ende der 18-jährigen Pegasus-Ära bleibt? Die Erinnerung an ein vorbildliches Modell des Kultursponorings. Und ein bitterer Nachgeschmack.

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