Eine kleine, legitime Anleihe bei Edward Albee, zusammengemixt mit vermutlich eigenen Erlebnissen und Beobachtungen, bilden den Plot des neuen Stückes „Reasons to be Pretty“ des nordamerikanischen Erfolgsautors Neil LaBute, das – nach New York und London – jetzt im Hamburgischen English Theatre seine deutsche Erstaufführung erlebte.
Der unüberhörbare Premieren-Erfolg ist gewiss in erster Linie einem jungen Schauspieler-Quartett zu verdanken, dessen Mitglieder ihre überdurchschnittlichen darstellerischen Fähigkeiten – mit Unterstützung des Regisseurs Clifford Dean – so geschmackvoll und stilsicher einsetzten, dass der Abend nicht zu einem unerträglichen Schreifest wurde, obwohl über zwei Drittel der zweieinhalbstündigen Performance gestritten wird. Clifford jagt seine Darsteller durch sechs Locations in der Vorstadt einer nicht näher benannten US-Metropole mit einer derartigen Fülle von Schnell-Umzügen, wie sie nur eine junge Crew schaffen kann, ohne außer Atem zu geraten. So formen sie im rasanten Rhythmus der Szenenfolge ihre Schicksale, einmal aneinandergekettet, ein anderes Mal brutal getrennt, sozial- und umweltbedingt, den Sehenden erschütternd.
Die Story des Dramas, das nicht ohne eine Prise Humor dargeboten wird, ist kurz erzählt: Unter dem Titel „Gründe, hübsch zu sein“ provoziert der Autor mit der weiblichen These, Männer müssten äußere Schönheit würdigen, bis schließlich und endlich klar wird, dass er diese These nur metaphorisch für das Sozialverhalten der jungen Leute verstanden wissen will, die sich da balgen und raufen. Was also hat der Autor vor? Sehr bald entpuppt er sich in den hastigen Dialogen als Nietzsche-Gegner: „Das Glück des Mannes heißt: ich will. Das Glück des Weibes heißt: er will“. Und verkündet endlich eine banale finale Moral: Menschen sind mehr wert als ihr äußeres Erscheinungsbild.
Hervorragend stehen vier junge Engländer diesen hitzigen Kampf der Gefühle durch: Gabrielle Douglas und Madeleine Hutchins, beide spielten bereits im English Theatre, und die beiden männlichen Darsteller Chris Casey und Jed Shardlow. Wie immer bemerkenswert im Haus an der Mundsburg: das Bühnenbild (Mathias Wardeck), die Kostüme (Patricia Royo) und nicht zuletzt die tolle Beleuchtung (Geoff Humphrys).
Text: Hans-Peter Kurr
Foto: Hans-Jürgen Kock