Text: Stephanie Schiller | Foto: GODOT/Schiller
Ein Stadtteil inszeniert sich selbst und macht eine vierspurige Dorfstraße zur Hauptdarstellerin! „Roadmovie“ – das jüngste Theaterprojekt des Bramfelder Kulturladens (Brakula) – begeisterte an den drei Aufführungsabenden mehr als 300 Zuschauer. Regisseur Gero Vierhuff ist mit dem Stadtteiltheater, das ohne Frage an den Erfolg der Produktion „Moby Dick – Auf zu neuen Ufern“ von 2010 anknüpfen konnte, etwas Seltenes gelungen: unterschiedliche Gruppen von Laiendarstellern zu einem großen Ganzen zusammenzufügen, aus Laiendarstellern zwischen zehn und 83 eine überzeugende Theatertruppe zu machen, die ihre Zuschauer durchwegs aufs Beste unterhielt.
Die Geschichte, die im Untertitel „Es war einmal in Santa Bramfeld“ heißt, kann sich zusammenreimen, wer einigermaßen bewandert in der Geschichte des Westerns ist. Ein bisschen „Glorreiche Sieben“, den Humor von „Lucky Luke“, dazu die Spannung von „Spiel mir das Lied vom Tod“. Und das Ganze als Parodie verpackt: Luke Ziffer hat das Dorf übernommen, hat von den Einwohnern Land und deren Rhabarbersaftpressen erpresst und verkauft seinen Rhabarbersaftschnaps ab sofort im neu errichteten Saloon. Das bringt im Dorf einiges durcheinander. Nicht genug, dass die Frauen mit ihren Männern aneinandergeraten, Luke Ziffer scheut auch vor Gewalt nicht zurück, um noch das letzte Stück Land zu bekommen, das ihm fehlt, um endlich seinen Rhabarberfreizeitpark bauen zu können: einen Vergnügungspark, der Santa Bramfeld endlich ebenso attraktiv machen soll wie Saint Pauli und Harbourvillage. Verzweifelt wehrt sich die junge Frau, der Luke Ziffer nachstellt, um als letztes auch noch ihr Land zu bekommen. Sie schickt einen Hilferuf per Flaschenpost los.
Auftritt der drei Helden: Annie Time, Kenny Nicht und Chris D. Motten wollen Santa Bramfeld vom Unhold Luke Ziffer befreien. Dass sie sich dabei nicht besonders geschickt anstellen, wird schnell klar. Aber dafür sind die Damen des Kirchenchors (herrlich beschwingt gaben sich die Frauen von der Bramfelder Liedertafel) umso pfiffiger. Letztlich sind sie es, die Luke Ziffer in die Flucht schlagen – mit Ginster aus Bramfeld West; das ist nicht nur die einzige Zutat, die gegen einen teuflischen Ganoven wie Ziffer hilft, sondern auch der Titel eines eigens von Frank Wacks, dem musikalischen Leiter der Produktion, geschriebenen Liedes, das zum großen Happy-End von allen gesungen wird. Frank Wacks, der auch das Skript geschrieben hat, gelang es überdies, der Handlung eine musikalische Stringenz zu geben. Ob Kirchenchor, Saloon-Combo oder Blasorchester – die von ihm arrangierte und komponierte Musik sorgte während des gesamten Abends für authentisches Western-Flair.
Neben der Liedertafel beteiligten sich an „Roadmovie“, das übrigens (sehr risikoreich für Ende September) zum Großteil auf dem Außengelände rund um den Brakula spielte, auch der Shanty-Chor, das Musikcorps der Freiwilligen Feuerwehr, die Gymnasien Osterbek und Johannes Brahms, die Stadtteilschule Bramfeld, der Dorfplatz Hegholt und viele nicht organisierte Bramfelder. Eine bewundernswerte Stadtteil-Leistung!