Text: Christian Hanke | Foto: Helmut Seuffert
„Sechs Tanzstunden in sechs Wochen“, Richard Alfieris Erfolgsstück um zwei Einsame, die sich bei Walzer, Tango und Cha-Cha-Cha näher kommen, erfährt derzeit eine Neuauflage in der Komödie Winterhuder Fährhaus. Heidi Mahler ist in der Rolle der Lily Harrison, Witwe eines frommen Baptistenpredigers zu sehen, die sich einen Tanzlehrer ins Haus holt, um der Einsamkeit zu entgehen. Axel Stosberg, der wie seine Partnerin in Hamburg vor allem am Ohnsorg Theater spielte und als Musiker mit der Band „Santiano“ die deutschen Charts stürmte, verkörpert nahezu ideal den gut aussehenden, extrovertierten Tanzlehrer Michael Minetti, der die Dinge frech und deutlich auf den Punkt bringt, die zurückhaltende Witwe aus der Reserve lockt und somit ihre Lebenslust weckt.
Minetti schockiert die gesetzte ältere Dame mit seiner mitunter sehr vulgären Sprache, und wird zunächst empört von der Predigerwitwe weggeschickt, er schafft es aber immer wieder, die Tanzstunden fortzusetzen. Und irgendwann kommt es heraus: der flotte Tausendsassa von Tanzlehrer ist genauso einsam wie Mrs. Harrison. Der homosexuelle Minetti ist von der Liebe enttäuscht und hat auch das schnelle Vergnügen satt. Zwei verlorene Seelen haben sich gefunden. Der Zauber, der von dieser Begegnung ausgeht, kann sich in Volker Jecks Inszenierung im von großen Bildern dominierten, steril wirkenden Bühnenbild nur teilweise entfalten. Heidi Mahler bleibt zu verhalten, kommt aus der hanseatisch reservierten Haltung, die zu der Witwenrolle passt, nie ganz heraus, so dass das geballte Temperament von Axel Stosberg, der körperlich und rhetorisch vollen Einsatz gibt, immer wieder verpufft.
„Sechs Tanzstunden in sechs Wochen“ ist bis zum 7. Juli in der Komödie Winterhuder Fährhaus zu sehen.