Highlight / Kritik / Schauspiel

Shakespeare nicht gewachsen

"Hamlet", Theater an der Washingtonallee
Hamlet

Macht manchem Angst: Shakespeare's „Hamlet“

Mal wieder „Hamlet“. Dieses Mal auf wenigen Quadratmetern, denn im Theater an der Washingtonallee, in dem Shakespeare-Kenner Horst Seidler jetzt die Tragödie um den Dänenprinzen inszenierte, befinden sich Bühne und Zuschauerraum in einem durchschnittlich großen Wohnzimmer. Da können Schauspieler auf Tuchfühlung zum Publikum gehen, was Seidler bei seinen bisherigen Shakespeare-Adaptionen auch immer wieder tat – um Bezüge zur Gegenwart herzustellen, dem Publikum zu zeigen, wie aktuell Shakespeares Werke sind. Diesem Ziel dienen auch eigene Texte und Zitate aus der Gegenwart, die Seidler den Klassikern hinzufügt, manchmal allerdings arg zu Lasten des eigentlichen Stoffes.

Wenig davon in der Hamlet-Inszenierung, die Seidler zusammen mit seinen zwei Mitspielerinnen Susanna Dübbers und Lena Conrad erarbeitet hat. „Ein psychologisches Stück um Angst, Wahnsinn, Macht und Erinnerungen“, nennt Seidler dieses berühmte Werk. Bezüge zur Gegenwart liegen auf der Hand. Vielleicht konzentriert sich das dreiköpfige Ensemble, das zusammen sieben Personen aus der Hamlet-Tragödie verkörpert, deshalb in erster Linie auf den freilich stark gekürzten Shakespeare-Text. Der wird nun im ganzen Raum verteilt gespielt, mit Schwerpunkt auf einem Baustellengerüst mit Schräge und Hochbettebene vor dem Publikum. Da nur Seidler dem Shakespeare-Text halbwegs gewachsen ist, wird´s ein zähflüssig bemühtes Spiel, bei dem viel Pathos und hohle Geste neben wenig ausdrucksstarker Rolleninterpretation zu sehen sind. Susanna Dübbers setzt als König Claudius auf grimmige Dauergrimasse und Lena Conrad verteilt als Ophelia im Endstadium brav Blümchen. Nichts von Angst, Wahnsinn oder Macht.

Text: Christian Hanke
Foto: GODOT / Schiller

 

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*