Kritik / Musiktheater

Spuk auf Steuerbord

Krimioper im Opernloft

Maritime Geisterjäger: Lukas Anton und Rebecca Aline Frese

Text: Sören Ingwersen | Foto: Inken Rahardt

Eigentlich ist der adrette Offizier Florian für die Bespaßung der Passagiere an Bord der MS Opera zuständig, doch dann macht ihm eine geheimnisvolle Geistererscheinung einen Strich durch die Rechnung. Ein Wink mit dem Zaunpfahl? Schließlich wollte man im Opernloft dem Publikum zur Spielzeiteröffnung mit Rossinis „Barbier von Sevilla“ eine echte musikalische Spaßkanone präsentieren. Dann kam Corona dazwischen, so dass man stattdessen mit „Spuk auf Steuerbord“ den zweiten Teil der im Januar angelaufenen Krimiopernserie aus dem Boden stampfte. Und die macht ebenfalls gute Laune.

An Deck des Luxusliners MS Opera begleiten uns diesmal Chef-Stewardess Rebecca und Entertainment-Offizier Florian auf eine musikalische Kreuzfahrt von Matrosenlied und Musical-Song über Operetten-Hit bis zur Wagner-Arie. Dass Mezzosopranistin Rebecca Aline Frese und Bariton Lukas Anton privat ein Paar sind, ist ein Glücksfall für das Regieteam Schlagoberts alias Susann Oberacker, die auch für die Sprechtexte verantwortlich zeichnet, und Hannah Schlags. So können Sängerin und Sänger sich ohne den vorgeschriebenen Corona-Abstand auf der Bühne näherkommen. Doch auf dem Weg in den Hafen der Liebe lauern viele Untiefen. Denn während Unterhaltungs-Chef Florian ein Besserwisser und zugleich etwas schwer von Kapee ist, zieht die überdrehte Stewardess und vom Dienst suspendierte Polizistin Rebecca sofort die Knarre, wenn ihr die Argumente ausgehen.

Auf der Seefahrt, die mit maritimen Gassenhauern wie „Nimm mich mit, Kapitän, auf die Reise“, „Das Herz von St. Pauli“ und „Auf der Reeperbahn“ beginnt, stehen sich aber nicht nur die beiden Figuren oft gegenseitig im Weg. Auf Deck sorgt auch ein unheimlicher Unbekannter im Kapuzenmantel (ebenfalls von Anton gespielt ) für Irritationen, der sich als der untote „Fliegende Holländer“ herausstellt und den beiden Sängern Anlass gibt, kräftig in der musikalischen Schatzkiste Richard Wagners zu wühlen. Ob mit dem Liebesduett „Oh, sink hernieder, Nacht der Liebe“ aus „Tristan und Isolde“, die „Tannhäuser“-Arie „Oh, du mein holder Abendstern“ oder die unheilvolle Verkündung des Holländers „Die Frist ist um“ – Frese und Anton zeigen sich stimmlich dem ernsten Repertoire ebenso gewachsen wie der leichteren Muse einer Marlene Dietrich oder Lale Andersen.

Echte Führungsqualitäten legt Amy Brinkmann-Davis dabei nicht nur als gelegentlich auftretender Kapitän an den Tag, sondern vor allem als Musikalische Leiterin am Klavier, die zusammen mit Akkordeonist Krzysztof Gediga das spielfreudige Sängerduo in ein instrumental vielfarbig schillerndes, zuweilen auch klanglich wild aufschäumendes Fahrwasser lockt. Zwar bietet die Geschichte rund um das sympathische Crew-Pärchen nebst kurzen Geisterauftritten nur ein loses Handlungsgerüst für einen bunten Strauß von Gesangsnummern. Doch wo kann man derzeit sonst so fröhlich und entspannt und mit gewissenhaft eingehaltenen Sicherheitsabständen in allen Räumlichkeiten auf Kreuzfahrt gehen wie im Opernloft? Bleibt nur zu hoffen, dass der Corona-Spuk bald ein Ende hat.

Aufführungstermine unter https://opernloft.reservix.de/events

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