Interview / Schauspiel

Mit bestem Timing auf Erfolgskurs

Aufsteiger Stefan Haschke
Stefan Haschke

Stefan Haschke

Er ist noch recht neu im Ensem­ble des Deut­schen Schau­spiel­hau­ses, und doch kennt er sich bereits gut aus im größ­ten deut­schen Sprech­thea­ter. Stefan Haschke (28) hat schon in fünf Schau­spiel­haus-Produk­tio­nen gespielt, bevor ihn das Thea­ter an der Kirchen­al­lee fest verpflich­tete. GODOT sprach mit dem Aufstei­ger, der als „Herr Lehmann“ ins Rampen­licht stürmte, über Thea­ter, Humor, Fami­lie, sein Moped und gutes Timing. 

Wie gefällt Ihnen das Leben als fest bezahl­tes Ensem­ble­mit­glied am größ­ten deut­schen Sprechtheater?

So lange bin ich das ja noch nicht. Aber es beru­higt schon unge­mein, jeden Monat sein Gehalt auf dem Konto zu haben. Neu ist das Haus für mich nicht. Ich kenne mich hier schon rela­tiv gut aus, habe hier in den letz­ten Jahren oft gespielt. Ich wollte immer dahin, seit ich 2004 nach Hamburg kam. Damals war ich total faszi­niert. So etwas wie das Schau­spiel­haus hatte ich noch nie gese­hen. Das ist einfach ein geiles Thea­ter! Ich habe auch schon einmal vorge­spro­chen. Aber ich bin knapp geschei­tert.  Während meines Studi­ums an der Hoch­schule war ich fast jeden Abend auf den Partys in der Kantine. Gespielt habe ich viel an Privat­thea­tern, aber auch am Schau­spiel­haus. Jetzt woll­ten sie mich.

Sicher­lich auch dank Ihres Herrn Lehmann am Alto­naer Thea­ter. Die Rolle machte sie vor drei Jahren in Hamburg bekannt. Hat Ihnen die Titel­fi­gur dieses „Kultro­mans“ Spaß gemacht?

Es ist ein toller Stoff. Er hat mir sehr gefal­len. Dem Publi­kum nicht immer. Da sind wir schon mal ange­eckt. In Norder­stedt haben wir auf einer Tour­nee einmal eine ganze Halle leer gespielt. In den Privat­thea­tern muss man eben oft bestimmte Erwar­tun­gen bedie­nen. Ich verstehe, dass deren Inten­dan­ten nicht alles auspro­bie­ren können. Für mich war es eine inter­es­sante Erfahrung.

Das ist nun Vergan­gen­heit. Freuen Sie sich jetzt auf andere Erfahrungen?

Natür­lich. Ich will quali­ta­tiv weiter­kom­men, suche immer die künst­le­ri­sche Heraus­for­de­rung. Die Staats­thea­ter sind viel radi­ka­ler. Das hat eine ganz andere Kraft. Es ist nicht immer alles natu­ra­lis­tisch 1:1 darge­stellt. Das will ich jetzt erst einmal ausprobieren.

Sie haben mit geis­tig sehr regen, gutmü­ti­gen, eher unent­schie­de­nen, form­ba­ren Figu­ren wie Herr Lehmann oder dem Adam in Neil LaBu­tes „Das Maß der Dinge“ an den Kammer­spie­len geglänzt. Ist das schon eine Art Rollenfach?

Aber ich spielte auch einen Chole­ri­ker in „Wenn ihr mich totschlagt, ist das ein Verse­hen“ am Schau­spiel­haus. Mir gefällt dieser größen­wahn­sin­nige Typ. Da kann man alle Facet­ten unter­brin­gen. Und jetzt spiele ich in „Das Ding“ einen spie­ßi­gen Rest­stoff­ver­wer­ter, der anfängt Amok zu laufen, weil seine Frau im Inter­net masturbiert.

Sie setzen ihre Ausdrucks­mit­tel sehr präzise,  mit nahezu perfek­tem Timing ein. Gerade Komik gelingt Ihnen damit hervor­ra­gend. Ist gutes Timing für Sie ein Erfolgsgarant?

Timing finde ich sehr wich­tig und span­nend. Das kann man übri­gens sehr gut an den Privat­thea­tern lernen, weil man dort wochen­lang dasselbe Stück spielt. Das ist dann total präsent. Da habe ich versucht, das Timing von Abend zu Abend zu verbes­sern. Ich kann nur jedem raten, auch einmal en suite zu spie­len. Ich habe mir gutes Timing auch von Fern­seh­se­rien abge­guckt. King of Queens habe ich mir unend­lich oft ange­guckt. Wenn ich ein neues Stück lese, mache ich mir als erstes über­all dort ein Häkchen, wo ein Gag sein könnte. Auf Sprach­witz und komi­sche Situa­tio­nen achte ich zuerst, bevor ich über­haupt das Stück verstan­den habe. Für einen Gag bin ich auch mal bereit, den Autor zu verra­ten. Wenn die Leute lachen, haben Sie etwas verstan­den. Die Leute sollen im Thea­ter weinen, verstört oder irri­tiert sein, verär­gert oder gar nichts davon. Aber Sie sollen mindes­tens einmal gelacht haben. Das ist mein Anspruch.

Was ist dann für Sie beim Text­le­sen wichtig?

Ich über­lege, ob ich Menschen kenne, die so sind wie in diesem Text, oder die so sein könn­ten. Ich gehe immer über Emotio­nen an die Rollen ran. Suche die Schwä­chen der Figu­ren. Menschen lügen fast den ganzen Tag oder ein ganzes Stück lang. Ich suche im Text den Moment, wo die Figur die Wahr­heit sagt.
Und ich spiele rum. Darum brau­che ich mindes­tens ein Requi­sit für jede Rolle. Für die intel­lek­tu­elle Seite des Stückes brau­che ich den Regisseur.

Woll­ten Sie immer Schau­spie­ler werden?

Ja, ich habe als Kind in einem Krip­pen­spiel zu Weih­nach­ten gespielt und wollte sofort Schau­spie­ler werden. Obwohl mir der Regis­seur mit allen Mittel abge­ra­ten hat, weil Schau­spie­ler so ein unsi­che­rer Beruf sei. Aber ich wollte es trotz­dem. Man sagte mir damals übri­gens, ich sei so lustig. Dabei hatte ich alles ganz ernst gemeint. Mir ist die Komik erst über die Jahre bewusst geworden.

Sie sind in Leip­zig gebo­ren und aufge­wach­sen. War Hamburg als Ausbil­dungs­stätte eine bewusste Wahl?

Nein, über­haupt nicht. Ich hatte damals eine Freun­din in Leip­zig, wollte gar nicht weg. Es war Zufall. Ich habe das Vorspre­chen eines Freun­des in Hamburg über­nom­men, der schon an einer ande­ren Thea­ter­schule ange­nom­men worden war. Inzwi­schen bin aber total gern in Hamburg. Es ist nach sieben Jahren meine Heimat gewor­den. Ich habe hier viele Freunde gefun­den. Ich bin jetzt froh, dass ich aufgrund des Enga­ge­ments am Schau­spiel­haus zumin­dest für ein weite­res Jahr in Hamburg blei­ben kann. Ich habe erst­mal einen Einjahresvertrag.

In zwei Jahren über­nimmt Karin Beier die Inten­danz am Schau­spiel­haus. Damit könnte Ihr Enga­ge­ment bereits enden …

Sie kennt mich nicht. Neue Inten­dan­ten brin­gen gewöhn­lich viele Schau­spie­ler aus ihren frühe­ren Häusern mit. Ich muss damit rech­nen, nicht weiter verpflich­tet zu werden, und dann womög­lich die Stadt verlas­sen müssen.

Das freie Dasein wäre keine Alternative?

Ich habe Frau und Kind. Ein festes Enga­ge­ment wäre erst mal wünschens­wert. Außer­dem kenne ich die Privat­thea­ter jetzt. Ich möchte dahin erst einmal nicht zurück. Die Regis­seure dort geben sich oft zu schnell zufrieden.

Sie sind auch im Fern­se­hen kein Unbe­kann­ter, haben in einer Serie gespielt …

Ich hatte Glück. Damit habe ich mein Studium finan­ziert. Aber norma­les Fern­se­hen würde mich nicht ausfül­len. Da muss man sich für Geld verra­ten. Ich bin ohne­hin mehr Theaterschauspieler.

Was füllt Sie außer dem Thea­ter­spie­len noch aus. Die Familie?

Ja, sehr. Es tut gut, mit meinem Kind auf dem Spiel­platz zu sein, und keiner kennt mich. Früher kannte ich nur die Thea­ter­welt. Jetzt gibt es auch das „rich­tige Leben“. Meine Frau hat mit Thea­ter nichts zu tun. Sie hat einen großen Bekann­ten­kreis, auch keine Thea­ter­leute. Ich freue mich auch, mit denen zusam­men zu sein.

Das Inter­view führte Chris­tian Hanke
Foto: Thomas Leidig

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