Text: Dagmar Ellen Fischer / Foto: Bohumil Kostohryz
Die meisten Menschen wissen, was sie am Morgen des 11. Septembers 2001 gemacht hat. Auch Abby und Ben: Sie hat ihm einen geblasen. Und weil die beiden eben nicht in ihrem New Yorker Büro waren, überlebten sie die Anschläge. Das wäre die Gelegenheit, ein neues Leben zu beginnen, findet Ben, weil man beide für tot hält. Ein „Tag der Gnade“ also. Doch Abby will, dass ihr Geliebter sich offiziell von seiner Frau trennt. Und genau die ruft ständig auf Bens Handy an …
Der „Tag der Gnade“ wurde im St. Pauli Theater begeistert bejubelt. Zwei Personen, ein Raum und 100 Minuten Spiel in Echtzeit. Das funktioniert, weil die Zutaten stimmen: Neil LaButes Text nutzt sämtliche Ebenen psychologischer Kriegsführung, über die Liebespaare gemeinhin verfügen. Herbert Knaup führt erstmals Regie und setzt seine beiden Kollegen Désirée Nosbusch und Roman Knizka bestens in Szene, und die spielen das Paar zwischen Sex und Machtgehabe zum Fürchten gut, lieben und quälen sich gründlich. Die Katastrophe der Welt da draußen dringt gnadenlos in die Beziehung ein – nicht nur in Form der giftigen Staubwolken nach dem Einsturz des World Trade Centers.