Theatrale Schlaglichter auf gesellschaftskritische Themen für Kinder und Erwachsene
Die freie Gruppe Theater am Strom wird am 16. September im Hafenmuseum Hamburg mit dem Max-Brauer-Preis 2015 ausgezeichnet. Der mit 20.000 Euro dotierte Max-Brauer-Preis der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. wurde geschaffen, um Persönlichkeiten oder Einrichtungen mit besonderen Verdiensten um das kulturelle, wissenschaftliche und geistige Leben Hamburgs auszuzeichnen. Theater am Strom erzählt mit den lebendigen, unmittelbaren Wirkungsmöglichkeiten des Theaters besondere Lebenswirklichkeiten aus Hamburg. Es sind Geschichten, die in Köpfen und Herzen der Zuschauer oft noch nach vielen Jahren verankert sind. Gründerinnen von Theater am Strom sind die Autorin und Regisseurin Christiane Richers und die Schauspielerinnen Gesche Groth und Morena Bartel. Mit ihrem großen Netzwerk innerhalb der Theater-, Kunst-. und Musikszene arbeiten sie mit Vorliebe am offenen Herzen der Stadt und stellen relevante Fragen, die sich auch in anderen großen Städten in aufregende Theaterstücke verwandeln ließen.
„Die Auszeichnung durch den Max-Brauer-Preis freut uns sehr. Sie zeigt, daß auch eine kleine Form künstlerischer Zusammenarbeit, die weitgehend von der Risikobereitschaft aller Beteiligten getragen wird, in der Stadt öffentlich wahrgenommen und gewürdigt wird. Sie motiviert uns, weiter in Dialog mit Unvertrautem zu gehen, sei es mit der Geschichte von Roma-Flüchtlingen aus sogenannten sicheren Drittstaaten, sei es durch das gemeinsame Nachdenken über eine sinnvolle, dringliche Veränderung im Verhältnis von Kunst, Leben und Schule“, sagt Christiane Richers.
Theater am Strom betreibt waches, genau hinschauendes Theater. Dabei blicken die Künstlerinnen besonders auf Menschen und Verhältnisse in der Stadt, über die meist hinweg gesehen wird. Auf Recherchen unter Hamburgs obdachlosen Frauen beruht die Theaterperformance Immer Weiter für Kinder ab 8 Jahren, mit der letzten Wilhelmsburger Großproduktion unter dem Titel Im Herzen Von Hamburg wandten sich insgesamt 75 Menschen jeden Alters der Geschichte der Hamburger Sinti zu, ohne dabei in romantisierende oder bewertende Fallen zu geraten. Genaues Hinsehen der Künstlerinnen auf wenig beachtete Bürgerinnen und Bürger und Gruppierungen in der Stadt führt zu empathischer, künstlerischer Verarbeitung in leise und lebhafte Theatergeschichten und –spektakel. So entstehen künstlerische Schlaglichter auf gesellschaftliche Themen, die tiefgreifende und berührende Theatermomente zum Selbstverständnis der Stadt schaffen. Im besten Fall werden sie Teil des Hamburger kollektiven Gedächtnisses. Die Kunst von Theater am Strom zeigt sich darüber hinaus im liebevollen Umgang mit den kleinsten Theaterbesuchern. Poetische, immer auch eigenwillig musikalische Produktionen für Kinder, die hier oft ihr erstes Theatererlebnis haben, werden regelmäßig in renommierte Spielserien durch deutsche Bundesländer eingeladen. Die langjährige Kooperation mit den Bücherhallen Hamburg hat Kindern in allen Stadtteilen Theater und Buch in Form von szenischen Lesungen nahegebracht.
Theater am Strom und das »Tor zur Welt«
Für ihre Art der Theaterarbeit brauchten die drei Künstlerinnen von Anfang an eine zentrale strukturelle Basis. Neben aller Ungebundenheit eines freien Theaters hat sich Christiane Richers daher frühzeitig um den Aufbau ungewöhnlich verbindlicher und langfristiger Strukturen eingesetzt. Ihre Ideen zu einer unbefristeten kreativen Zusammenarbeit von Theater am Strom und drei Wilhelmsburger Schulen trafen in Kultur- und Schulbehörde auf offene Ohren, die konkrete Umsetzung erforderte allerdings einige Jahre des unbeirrbaren Durchhaltens. Zehn Jahre nach Gründung des Theaters begann 2013 die Umsetzung des in Hamburg weit einmaligen Konzepts im neu gebauten Wilhelmsburger Bildungszentrum »Tor zur Welt«. Dem Theater ist es seitdem überzeugend gelungen, einen gemeinsamen künstlerischen Prozess unterschiedlichster Protagonisten durch eine Vielzahl von Projekten zu befördern.
Mobiles Theater mit zahlreichen preisgekrönte Produktionen
Gemeinsam mit Freunden aus der exquisiten Hamburger Musikerszene und anerkannten Ausstattungs- und Videokünstlern entstanden zahlreiche preisgekrönte Theaterstücke für Kinder und Jugendliche. Nach den Premieren in Hamburgs Stadtteilen und dem renommierten Fundus Theater reist Theater am Strom als mobile Theatergruppe seit jeher auch in Städte, wie Warschau, Edinburgh, Wien und Luxemburg und zu verschiedenen profilierten sowie neu entdeckten Orten in ganz Deutschland.
Aktuelle Spieltermine
Theater am Strom spielt Immer Weiter am Freitag, dem 11. September 2015 im Fundus Theater. Eine Vorstellung für Schulklassen gibt es um 10 Uhr, um 18 Uhr für Familien, Singles und Paare, Politiker, Künstler und Freunde, am Donnerstag, dem 08. Oktober 2015 um 10 Uhr ist Immer Weiter in der Bücherhalle Harburg zu sehen. Spiel Zigeunistan, ein Theatertext von Christiane Richers über zwei Hamburger Sinti, wird in der nächsten Spielzeit weiterhin im Spielplan des Thalia Theaters und in der Gaußstraße/Spielstätte Garage aufgeführt. Termine zu den szenischen Lesungen für Kindergruppen sind in den örtlichen Bücherhallen zu erfragen.
Verleihung des Max-Brauer-Preises: 16.9. ab 18 Uhr, Hafenmuseum Hamburg,
Kopfbau des Schuppens 50A, Australiastraße