Highlight / Kritik / Schauspiel

Tratsch op de Trepp

Ohnsorg Theater
Tratsch op de Trepp

Auch mit Frau Knoop (Sandra Keck, r.) hat Tratschtante Meta Boldt (Heidi Mahler) viel zu besprechen

Text: Christian Hanke / Foto: Maike Kollenrott

Der Vorhang öffnet sich zur ersten Premiere der neuen Spielzeit im Ohnsorg Theater. Tosender Beifall für ein Bühnenbild. Es ist fast genau so gestaltet wie 1962, bei der Premiere des berühmtesten Ohnsorg-Evergreens: „Tratsch op de Trepp“ (Tratsch im Treppenhaus). Zum vierten Mal wurde der Schwank von Jens Exler — nun in der Regie von Michael Koch — am Ohnsorg-Theater inszeniert. Das schäbige Treppenhaus eines damaligen einfachen Mietshauses, in der Mitte die Treppe. An den beiden Seiten die Wohnungstüren von Frau Knoop und Herrn Brummer. In der Mitte die Türen zu den Kammern der beiden jungen Leute, die hier ihr gemeinsames Glück finden werden.

Eigentlich müssten nun Henry Vahl aus der einen und Erna Raupach-Petersen aus der anderen Tür kommen, um sich über die Musik von Untermieterin Heike zu beschweren beziehungsweise sie zu ermuntern, das Radio lauter zu drehen. Tatsächlich erscheinen Horst Arenthold und Sandra Keck. Die spielen ein anderes Paar als Vahl / Raupach-Petersen in den 1960er Jahren. Arenthold mimt einen früh verrenteten Beamten in den besten Jahren, Sandra Keck eine höchst begehrenswerte reifere Dame. Da erhalten die späteren amourösen Annäherungen eine ganz andere, sinnlichere Dimension als in der ersten Inszenierung. Das hat viel mehr von 2015.

Entkrampfung nach 53 Jahren beschert der neuesten Inszenierung von „Tratsch op de Trepp“ die größte Veränderung zum Ohnsorg-Original. Glänzend umgesetzt insbesondere vom Duo Keck / Arenthold, wieder einmal. Großartig auch Heidi Mahler in der Rolle der tratschenden Meta Boldt, die Mutter Heidi Kabel zur Legende machte, mit eigener, leicht aufgeregter Note. Kein Problem mit dem Zeitsprung hat das junge Paar. Die Annäherung funktioniert genauso gut wie damals. Arja Sharma und insbesondere Evangelos Sargantzo bringen ordentlich Power ins jugendliche Gefühlsleben, das sich heute noch genauso gestalten könnte. Den vergleichsweise leichtesten Part haben Wolfgang Sommer als lüsterner Hauswirt und Dieter Schmitt als patriarchischer Firmenchef. Diese Charaktere haben sich seit 1962 leider nicht verändert.

Michael Koch ist der Spagat zwischen historischer Vorgabe und behutsamer Veränderung einiger Personen unter Berücksichtigung der Entwicklung bis heute prächtig gelungen. Trotz leichter Personenaktualisierung: So kann sich Tratsch im Treppenhaus anno 1962 abgespielt haben.

Noch ein Highlight bei der Premierenfeier: Heidi Mahler erhält demnächst die Senator-Biermann-Ratjen-Medaille, die seit 1978 für künstlerische und kulturelle Leistungen um Hamburg verliehen wird.

Aufführungen bis 9.10. im Ohnsorg Theater

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*