Text: Dagmar Ellen Fischer / Foto: Christine Schröder
Seit zwanzig Jahre spielen sie zusammen – und benehmen sich immer noch wie übermütige Kinder: Ulrich Tukur und die Rhythmus Boys. Das runde Jubiläum kommt ihnen gerade recht, um sich so richtig daneben zu benehmen: „Let’s misbehave“ lautet denn auch der Titel von Konzert und soeben erschienener CD der furchtlosen Vier.
Mut beweist schon ihr Auftritt: Ulrich Tukur entert die Bühne ohne Hose, Gitarrist Ulrich Mayer kommt als überdimensionale Miss Piggy; der Kontrabassist und Zwei-Meter-Mann Günter Märtens begleitet als Kopfloser den gut halb so hohen Schlagzeuger Kalle Mews, der wiederum im rosa Tütü zu seinem Instrument hüpft …
Das Besondere des Jubiläumsprogramms: Die deutschen „Fab Four“ singen erstmals in englischer Sprache. „Das wollten wir lange nicht, weil das jeder macht“, so Tukur. Aber zu diesen Klassikern aus den USA gehört nun mal der O-Ton. Erst recht, wenn sich die populären Songs unter den Händen der Vier vom musikalischen Original gehörig entfernen: „Es sind bekannte Nummern, aber nicht nachgespielt, sondern neu arrangiert, schräg interpretiert und mit bewusst eingebauten Fehlern – daneben eben!“, erläutert Ulrich Mayer die Teamarbeit.
Die Idee hat ein amerikanisches Vorbild: In den 1940er Jahren mischte die Bigband von Spike Jones den typischen Sound durch Kuhglocken, Hupen und mit Saiten bespannten Klodeckeln auf. „Ein Song fängt ganz normal an – und entgleist dann …“ Auch das muss gekonnt sein. Die bekannte Ballade „Begin the Beguine“ zum Beispiel läuft Minuten lang ganz entspannt, um am Schluss mit einem falschen Halbton schmerzhaft aufzuschrecken.
Musikalisch im Mittelpunkt stehen Werke von drei legendären Komponisten: George Gershwin, Cole Porter und Irving Berlin. „Man denkt, Künstler wären besonders gut, wenn sie arm und leidend aufwuchsen. Aber man kann auch stinkend reich, gut aussehend und witzig sein, wie beispielsweise Cole Porter – und trotzdem ein großer Künstler werden.“ Ulrich Tukur moderiert die einzelnen Nummern an, mal mit wahren, aber auch mit Lügen-Geschichten aus dem Leben der Jazz-Legenden. Zwischendurch wird Schnaps getrunken, gefurzt und gelästert. „Schleim- und Behelfs-Jazz“ nennt der Bandleader das Ergebnis. Bei der Auswahl der Songs ist die eingespielte Truppe nach dem Lustprinzip vorgegangen, und in nur vier Wochen wurde „das Programm zusammengeschustert. Wir sind eine demokratische Tanzkapelle, da kann jeder seine Ideen einbringen,“ versichert Tukur, der auf der Bühne aber schließlich doch den Ton angibt.
Uli Mayer und Uli Tukur kennen sich seit vierzig Jahren, haben gemeinsam mit Straßenmusik angefangen. Der Spaß ist heute noch genauso groß wie damals, „Let’s misbehave“ ist eigentlich nur „die Verlängerung der Straßenmusik ins Unendliche. Musik, bei der man gut alt werden kann — und es sieht nicht peinlich aus“, weiß Tukur. Und Mayer ergänzt: „‚Whole Lotta Loveʼ können wir heute nicht mehr singen …“
Ulrich Tukur & die Rhythmus Boys: 20.12. und 6.1., je 20 Uhr, Laeiszhalle,
Karten: 52 bis 69 Euro, Tel. 35 76 66 66