Text: Stephanie Schiller | Foto: Michaela Kuhn
„Das Theater war schön, denn ich war da“, zitierte Kultursenatorin Prof. Barbara Kisseler am Sonntagnachmittag als Schirmherrin des Hamburger Kindertheaterpreises in ihrem Grußwort im St. Pauli Theater einen Jungen, der nach dem Besuch einer Theatervorstellung in der Schule etwas über dieses Erlebnis hatte schreiben sollen. Er hätte auch an diesem Nachmittag Recht gehabt: Schön war’s! Neben Laudationes auf die drei prämierten Stücke und zahlreichen Urkunden gab es theatralischen Spaß – mit Ausschnitten aus „Gummi-T“ (2. Preis) und „Wilhelmsburger Wintermärchen: Edels Garten“ (3. Preis) sowie dem Gewinnerstück „Jo im roten Kleid“ in voller Länge.
Alle drei Produktionen, so Barbara Kisseler, hätten unter Beweis gestellt, dass das Kinder- und Jugendtheater im „Hier und Jetzt angekommen ist“. Eine Entwicklung, die die Kultursenatorin ausdrücklich begrüßte. An die Stelle von Gegensatzpaaren wie Gut und Böse ist die Auseinandersetzung mit kind- und jugendlicher Wirklichkeit getreten.
Entsprechend klar waren die Entscheidungen der Jury (Angela Dietz, Alexandra Luise Gesch und Klaus Witzeling hatten aus 17 Produktionen zu wählen). Die freie Gruppe Theaterbox thematisiert im „Wilhelmsburger Wintermärchen: Edels Garten“ den Mut, Grenzen zu überschreiten. Regisseur Gero Vierhuff erzählt in „Gummi-T“ die Geschichte eines Jungen, der um Anerkennung kämpft. Jo und sein Freund schließlich versuchen herauszubekommen, was das ist – ein Mann sein! Theater, so Barbara Kisseler, funktioniere für Kinder und Jugendliche oft wie ein Übersetzer. Sich selbst kennenzulernen und zu begreifen, ist mitunter schwer genug. Theater kann Kindern ihre Wirklichkeit spiegeln; Ängste, Ärger, aber auch Hoffnungen aufgreifen. Dass das alles nicht ohne finanzielle Unterstützung geht, ist der Kultursenatorin klar: „Beim nächsten Haushalt werde ich wieder lästig sein“, versprach sie, sich stark zu machen für die freie Kindertheaterszene in Hamburg.
Freuen wird das auch die Hamburgische Kulturstiftung, die den Hamburger Kindertheaterpreis alle zwei Jahre verleiht. Geschäftsführerin Gesa Engelschall betonte noch einmal, dass Hamburg eine der größten und lebendigsten Theaterszenen Deutschlands hat, und wie wichtig es ist, die engagierte Arbeit der Theatermacher zu würdigen. An den drei ausgewählten Produktionen lobte sie das „hohe Gespür für die Lebenswelten der Kinder“ – und dass die Arbeiten dabei „nie belehrend“ sind.
Sichtlich wohl fühlten sich zwischen Theatermachern, erwachsenem Publikum und den vielen Kindern, die sich im Anschluss an die Preisverleihung „Jo im roten Kleid“ ansahen, auch die beiden Vertreter der Firmen, die den Kindertheaterpreis in diesem Jahr finanziell unterstützten. Dr. Meyer-Hoeven von Pawlik Cosulting und Dr. Friedrichs von der HCI Gruppe. Meyer-Hoeven zitierte Samuel Beckett: „Ever tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better“ – Becketts berühmte Aufforderung, im Versuch nicht nachzulassen und im Scheitern besser zu werden. Von Scheitern konnte am Sonntag im St. Pauli Theater keine Rede sein. Dass die Figuren auf der Bühne scheitern dürfen hingegen, bleibt notwendige Voraussetzung für Kinder- und Jugendtheater.