Text: Sören Ingwersen / Foto: Tina Taege
Nichts ist, wie es scheint in einer Welt, in der die „Verwandlung“ das vorherrschende Prinzip ist. Davon erzählt ein gleichnamiger Kammermusikabend im Monsun Theater – der auch die Verwandlung zum Tanztheater nicht scheut. Eine reizvolle Idee von Geigerin Anna Göbel, die für ihr Projekt noch drei weitere Musikerinnen und sechs Tänzer gewinnen konnte, von denen vier zum Hamburg Ballett von John Neumeier gehören.
Musikalische Klammer des rund 90-minütigen Programms sind Karol Szymanowskis „Mythen“, drei Poeme für Violine und Klavier, mit denen der polnische Komponist 1915 drei Erzählungen aus Ovids „Metamorphosen“ in ebenso lyrische wie expressive Klänge verpackte. Göbels Zusammenspiel mit Pianistin Krisztina Gyöpös ist hier ebenso intensiv und hellhörig wie jenes mit Cellistin Anna Catharina Nimczik in Ravels Sonate „A la mémoire de Claude Debussy“, in der zwei eng verzahnte Instrumentenstimmen mit Anleihen bei Folklore und Jazz in motorischer Hast um Aufmerksamkeit ringen.
Aufmerksamkeit wünscht sich auch Johann Sebastian Bach in Marc Jubete Bascomptes Choreografie „Partir“. Während Anna Göbel die ersten vier Sätze der d-Moll-Partita in bewegende musikalische Bekenntnisse verwandelt, schlüpft Leeroy Boone in die Rolle des barocken Kapellmeisters, der seiner Frau Maria Barbara sein neustes Werk gleichsam tanzend vor Augen führt. Eine kurze Verschnaufpause für die in hektische Alltagsverrichtungen verstrickte Gattin, als die Nako Hiraki sich hier im Wortsinn zu Tode schuftet.
Auch in Florimon Poissons Choreografie zu Debussys „Clair de Lune“ ist die Liebe nicht von Dauer: Am Ende ihres beziehungsreichen Pas de deux – von Catalina Hrubaru am Klavier mit feinem Mondglanz überzogen – verlassen Greta Jörgens und Pietro Pelleri getrennt die Bühne. Hrubarus Stimmungsextreme auskostenden, mit rhythmischen Stolpersteinen und schrägem Melodiewitz angereicherten „Puppentänze“ erleben ihre Uraufführung im Rahmen einer Choreografie von Leeroy Boone. Im Kreis der vier Tänzer unterstreicht vor allem Nako Hiraki mit ihrem steifen, ungelenken Bewegungsduktus und eingefrorenen Lächeln wunderbar den puppenhaften Esprit dieser musikalischen Kleinode.
Gar nicht steif gerierte sich das Publikum, das reichlich Applaus spendete für ein tolles Team aus Tänzern und Musikern – allen voran Anna Göbel, die fast den gesamten Abend musikalisch mitgestaltete. Die in vielen Teilen des Programms eher verborgenen Bezüge zum Veranstaltungsmotto „Verwandlung“ durften die Besucher sich dann selber denken.