Highlight / Kritik / Schauspiel

Wir lieben und wissen nichts

Hamburger Kammerspiele
Wir lieben und wissen nichts

Jeder gegen jeden: das Rinke-Ensemble

Text: Hans-Peter Kurr / Foto: Bo Lahola

Stück, Problem, Aufführung, Darstellung – wir haben in dieser Spielzeit 2012/13 schon mehrfach das Glück des Außergewöhnlichen gehabt in den Kammerspielen, Beweise dafür, dass hier vorzüglich Theater gespielt wird. Die Uraufführung von Moritz Rinkes merkwürdig betiteltem Schauspiel „Wir lieben und wissen nichts“ gehört zu den wichtigsten und gelungensten. Nach dem Schluss-Blackout brach Beifall hervor, der bald Ovationsform annahm. Zu Recht!

Mit diesem Stück etabliert Rinke, der auch in seiner epischen Literatur gern das Nichts, die Leere und die Skepsis inthronisiert, eine modifizierende Philosophie, die zwar immer noch nicht aus der „Nigredo“ der Welt und der Menschen, wie der Autor sie sieht, eine „Albedo“ zaubert, aber, nachdem er den Kosmos der Gedanken und Äußerungen zwischen den zwei agierenden Paaren atomisiert hat, muss er das Atom, das er sozusagen als letzte Instanz für moralische Einheit gefunden hat, vergotten.

Bei dieser dramaturgischen Intention ist die Handlung nebensächlich. Die zwei Paare, um die es hier geht und die anläßlich eines – scheinbar berufsbedingten Wohnungstausches – aufeinander treffen, könnten einander auch in jeder anderen Situation begegnen :Diese Klarheit verdanken wir nicht nur dem klugen Autor, sondern auch der sensiblen Regisseurin Ulrike Maack, den vier vorzüglichen Schauspielern Karoline Eichhorn und Katharina Wackernagel, Stephan Kampwirth und Wanja Mues (Am Rande erwähnt: Welch’ besondere Freude für die ältere Besuchergeneration zu sehen, wie Eichhorn und Mues das Erbe ihrer Väter verwalten!) sowie der klug beratenden Tätigkeit der diese Produktion betreuenden Chefdramaturgin Anja del Caro.

Insgesamt eine wichtige, auch humorvoll unterhaltende Produktion, ein genau flirrender szenischer Traum, eine – trotz der Problemstellung und den zwischenmenschlichen Kämpfen – theatralisch-sinnlich gebliebene, kompakte zweistündige, pausenlose Aufführung.

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*