Apropos ... / Kolumne

Angst vorm geknickten Grashalm

"Leonce und Lena", Römischer Garten

Oh, diese geplagten Pressesprecher der „öffentlichen Hand“: Wie oft müssen sie überzeugend offenkundigen Unsinn verkünden. So auch in diesen Tagen Kerstin Godenschwege vom Bezirksamt Altona, die GODOT auf Anfrage erklärte, ihr Amt habe die vom Theater N.N. für den Sommer des laufenden Jahres geplanten Vorstellungen von Büchners „Leonce und Lena“ im Römischen Garten in Blankenese keinesfalls untersagt, müsse sich aber nach den Vorgaben des Gesetzgebers richten.

Kurr knurrt dazu im Klartext :

1. Im Sommer 2011 fand Dieter Seidels wertvolle Inszenierung in diesem wundervollen Freilichttheater unbeanstandet statt.

2. Dafür gab es, nachdem das Theater im Sommer 2010 ein von einem einzelnen Bürger Blankeneses erwirktes Verbot überraschend getroffen hatte, nach einem Gespräch mit GODOT einen Rückzug des Beschwerdeführers, den unsere Redaktion durch öffentliche Nennung des Namens dieses mutigen Mannes gern honorierte.

3. Eine Bank-Bürgschaft in Höhe von 5.000 Euro zur Beseitigung eventuell auftretender Flurschäden wurde nicht in Anspruch genommen, da auch von offizieller Seite keine Schäden dieser Art festgestellt werden konnten.

4. Für 2012 bedauert die Hamburger Kulturbehörde, aus wirtschaftlichen Gründen eine solche Bürgschaft nicht noch einmal zur Verfügung stellen zu können.

5. Dennoch (oder eben deshalb?) besteht das Altonaer Umweltamt auf einer solchen für 2012 und verkündet zeitgleich gegenüber dem Theaterleiter, in diesem Jahr werde sie – die Bürgschaft – gewiss eingesetzt werden. Eine merkwürdige Ansage lange vor Saisonbeginn, bevor also überhaupt ein Zuschauer den Rasen der von der Familie Warburg vor ca. 100 Jahren eigens für Kultur-Veranstaltungen gebauten Einrichtung betreten haben kann! Möchte das Amt Seidel etwa für durch Spaziergänger oder winterliche Temperaturen eingetretene Schäden bezahlen lassen?

6. Laut Theaterleiter Dieter Seidel und seinem Verwalter Folkert Harder wurde 2011 das sogenannte Bundesemissions-Gesetz dergestalt befolgt, dass eine von ihnen eingesetzte Firma jeden Abend Dezibel-Messungen vornahm, die nicht beanstandet wurden. Die Firma räumte einen Sonderpreis ein, den das Theater tragen konnte.

7. Für das Jahr 2012 ist das den Ingenieuren nicht mehr möglich, ohne die eigene Existenz zu riskieren. Das Umweltamt aber besteht weiterhin auf den Messungen, obwohl es sich um exakt dieselbe Produktion handelt, die im Vorjahr bereits vermessen wurde.

8. Wenn diese Forderung befolgt würde, würde das Theater N.N. in den Ruin getrieben und schließen müssen!

9. Auf Anfrage von GODOT erklärte das Altonaer Bezirksamt, die Zahl der Blankeneser Beschwerdeführer sei massiv angestiegen. Genaue Zahlen waren allerdings nicht zu erfahren.

10. Originalton Dieter Seidel: „Die kulturfeindliche Haltung der Altonaer Behörden ermöglicht es uns leider nicht, den Römischen Garten weiter zu bespielen, obwohl die Hamburger Bürger dies dringlichst wünschen!“

11. GODOT schließt sich (im Behördendeutsch: vollinhaltlich) an und verweist auf einen in dieser kulturarmen Welt selten gewordenen Lichtblick: Kultursenatorin Barbara Kisseler hat sich brieflich an Altonas Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose gewendet und um wohlwollende Prüfung der Sachlage gebeten.

12. Kurr knurrt: O tempora, o mores …

Text: Hans-Peter Kurr

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