Text & Fotos: Tilla Lingenberg
Wie die Jahre zuvor, fand das Kindertheater Treffen 2016 unter der bewährten Leitung von Katrin Lowitz vom Verband Kitsz e. V. (Freie Hamburger Kindertheaterszene) und Gabriele Parnow-Kloth von Ahap e. V. (Arbeitskreis Hamburger Puppen- und Figurentheater) in der freundlichen Atmosphäre des Fundus Theaters statt. Diesmal vom 26. Februar bis 3. März.
Ganz bewusst nennen die Theatermacher*innen diese abwechslungsreiche Woche nicht Festival, sondern Treffen. Warum?
Nun, zuerst ist es ein Branchentreff, und somit oft die einzige Möglichkeit der Künstler*innen, sich gegenseitig ihre neuesten, im Jahr zwischen zwei Kindertheater Treffen entstandenen Produktionen vorzuführen und anschließend kollegial und treffend zu besprechen.
Das erklärt auch, warum unter den 833 Vorstellungsbesucher*innen dieses Jahr etwas mehr Erwachsene als Kinder waren (Kinder: 409, Erwachsene: 424). Das entspricht einer Auslastung von 80% und zeigt: Mit der Entscheidung, das Treffen ins Frühjahr zu verlegen, haben die Veranstalter ins Schwarze getroffen.
Zwei Neuerungen wurden dieses Jahr ins Treffen geführt:
Zum Einen gab es erstmals zwei Jugendtheater-Produktionen: „Auf eigene FAUST oder: Kasper zeigt Goethe“ vom Ambrella Figurentheater (12+) und „Spiel Zigeunistan“, eine musikalische Lesung vom Theater am Strom (14+), und zum Anderen gab es zwei Gruppen mit Schülerkritiker*innen.
„Mit Worten lässt sich trefflich streiten,“ wie es im „Faust“ von Goethe heißt, aber die Schüler der 11. Klasse der Ida-Ehre-Schule waren mit der Ambrella-Fassung von immerhin 120 Minuten Dauer plus Pause grundsätzlich einverstanden. Kagan schreibt: „Diese ungewöhnliche Darstellungen vom ‚Faust‘ gefiel mir persönlich sehr gut, obwohl ich das Buch nie angefasst habe, war es sehr verständlich präsentiert. Jetzt könnte ich mir vorstellen, das Buch zu lesen.“ Angelina meint: „Ich empfehle es Leuten, die nicht gerne dicke und geschichtliche Bücher lesen, aber sich trotzdem allgemein weiterbilden wollen.“ Und Marc erkennt: „Es wurde viel Goethe zitiert, aber es wurde auch ein aktuellerer Slang benutzt.“
(Alle Kritiken unter http://godot-hamburg.de/schuelerkritiken-2016/)
Das größte Angebot gab es in diesem Jahr für Kinder ab vier, und es traf mit allen Produktionen den Geschmack des kleinen Publikums: „Frida und das Wut“ vom Theater Zeppelin, „wild + gefährlich“ vom Theater FunkenFlug, „ Ratzenspatz“ vom Tandera Theater und dem ausgelosten Lieblingsstück „Frau Meier, die Amsel“ vom Theater Pina Luftikus.
Eigentlich gehörte auch „Mehr Licht!“ vom Fundus-Forschungstheater zu dieser Altersgruppe, da diese komplexe Produktion ihre Zielgruppe mit 3+ nicht wirklich trifft.
Über „Mehr Licht!“ schrieb die zweite, zehn Jahre alte Schülergruppe der Ida-Ehre-Schule ihre Kritiken. Ida schreibt: „Doch wir fanden, dass Hannah ein bisschen zu lange mit den Farben gespielt hat. Doch insgesamt war es sehr cool.“ Und Sascha meint: „Ich fand alles insgesamt gut und am interessantesten fand ich, wie der Regenbogen mit einem einfachen Aquarium entsteht. Nur bei der Stelle, wo Hannah mit dem Regenbogen gespielt hat, war das ein bisschen langweilig, weil sie nichts gesagt hat.“
„Das kleine Ich bin ich“, geschrieben als Stück mit Reimen und Wortspielereien nach dem Buch von Mira Lobe und Susi Weigel, spielte BuehneBumm für Kinder ab drei. Für die ganz Kleinen (2+) spielte Theater Mär „Eins, Zwei, Drei, Tier“ nach dem Bestseller-Bilderbuch. Hier konnte Spielerin Frauke Rubarth den Geschmack der Minis allerdings erst im zweiten Teil treffen, als sie mit den Stofftier-Figuren direkt mit den Kindern im Zuschauerraum spielte.
Im Stück „WunschWerke“ vom Theater Perpetuum (5+) treffen die zwei Wunschkobolde nicht immer das richtige Maß, wenn sie freudig und übereifrig Wunscherfüllungsdinge in den Wunschturm werfen oder fallen lassen. Das kurzweilige Stück wurde nach gemeinsamen Improvisationen mit den Schauspielerinnen Julia Baum und Monika Els von Autor und Regisseur Thomas Möller sehr treffend formuliert und einfallsreich umgesetzt.
Die älteren Kinder (8+) amüsierten sich bei „Kai aus der Kiste“ mit den flotten Rollen- und Ortswechseln auf engstem Raum, in einer fantasievollen Inszenierung von Gero Vierhuff, oder sie bangten mit Kinderflüchtling Toda in „Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor“, gespielt von Judith Compes und Sabine Dahlhaus von kirschkern & COMPES. Eine Geschichte, die in einer Zeit der Flüchtlingsströme mitten ins Herz trifft, dabei aber mögliche Betroffenheit ganz schnell immer wieder durch Komik und originelle Inszenierungsideen auflöst und mit einem guten Ende versöhnt. Ein Theatererlebnis, das lange nachwirkt, was auch in den Briefen stand, die Kinder nach einer Aufführung an die Schauspielerinnen schrieben.
Frei nach der Redewendung „Da ist Treff trumpf“, was bedeutet, der Ausgang ist ungewiss, man kann Glück haben oder nicht, war es ein geglücktes Kindertheater Treffen 2016. Auch die Kulturbehörde hat bereits Vorsorge getroffen und schon jetzt finanzielle Unterstützung für das nächste, das 19. Kindertheater Treffen, fest zugesagt.