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Auf ein Wort – Bilanz des Kindertheatertreffens

Fundus Theater
Kindertheatertreffen 1

Aufge­regt: mit Stem­pel und Programm gewapp­net fürs Kindertheatertreffen

Text & Fotos: Tilla Lingenberg

Nach einer auffallend abwechs­lungs­rei­chen Woche ging das sieben­tä­gige Kinder­thea­ter­tref­fen „Auf die Plätze …“ im Fundus Thea­ter am 22. Februar zu Ende. Erneut waren die meis­ten Stücke, die zur Aufführung kamen, für Kinder im Kinder­gar­ten­al­ter: sechs Produk­tio­nen für Kinder ab vier, drei ab fünf Jahren und je eine Insze­nie­rung für drei-, sechs-, acht- und neun­jäh­rige Kinder. Dem Publi­kum zum Gefal­len wurden vier Figu­ren- und acht Schau­spie­ler-Thea­ter­stü­cke sowie eine Gast­pro­duk­tion aufgefah­ren, wobei in diesem Jahr die Auflösung der Gren­zen zwischen Puppen- und Schau­spie­ler-Thea­ter bei acht Insze­nie­run­gen ins Auge fällt.

Den Auftakt machte die haus­ei­gene Fundus-Thea­ter-Produk­tion „Das Blaue vom Himmel“ ab acht Jahren. Über da Stück schreibt Max, einer der dies­jäh­ri­gen Schülerkritiker*innen der Ida-Ehre-Schule aus der 7. Klasse: „Es wurde oft das Licht gewech­selt. Die Musik wurde von einer Seite in den Raum gespielt. Man hätte die Tech­nik besser nutzen können. Es war nicht so verständ­lich, man sollte erst ab zehn Jahren in das Stück gehen, weil es einen poli­ti­schen Hinter­grund hat, was Kinder unter zehn nicht gut verste­hen können.“ Und Henny meinte resü­mie­rend: „Insge­samt fand ich das Stück ganz lustig und auch gut und krea­tiv gemacht. Doch ich fand es auch ein wenig lang­wei­lig. Ein wenig Span­nung hat mir manch­mal gefehlt und ich habe es nicht immer verstan­den, doch im Nach­hin­ein hat alles Sinn gemacht.“ Alle Aufzeich­nun­gen der Schülerkritiker*innen sind hier nachzulesen.

In einem „Thea­ter­stück übers Thea­ter und das ganze Drum­herum“ geht der Vorhang auf für die Kleins­ten ab drei Jahren. Judith Compes und Sabine Dahl­haus von kirsch­kern & COMPES spie­len zwei drol­lige Typen, die ins Thea­ter gehen. Sie strei­ten um die Plätze, regeln das Licht („aus, an, anner“) und als dann immer noch nichts los geht, unter­su­chen sie mit vielen Possen und unter dem Geki­cher der Zuschauer den Vorhang­me­cha­nis­mus und die leere Bühne dahin­ter. Nach ca. 30 Minu­ten ruft ein Kind dazwi­schen: „Wann fängt es an?“. Denn trotz abwechs­lungs­rei­cher Späße galt es für dieses Kind erst als „rich­ti­ges“ Thea­ter, nach­dem ein Koffer voller Hüte und Requi­si­ten gefun­den wurde, und es mit Verklei­den und Rollen­spiel losging.

Einige Grup­pen probie­ren mit jeder Produk­tion etwas Neues. So nahmen sich kirsch­kern & COMPES zum ersten Mal die Ziel­gruppe 3+ als Aufhänger für ihre Stück­ent­wick­lung mit Marcel Wein­and. Oder das Thea­ter am Strom arbei­tete, um seine bishe­rige Arbeits­weise aufzubre­chen, zum ersten Mal mit einem Choreo­gra­fen, Phil­ipp van der Heij­den, was die Insze­nie­rung von „Das Schlaf“ berei­cherte und gut aufgenom­men wurde. Andere, wie Bühne Bumm, grei­fen gerne immer wieder auf ihre bewähr­ten Mittel zurück.

Aufregend anders fanden die Zuschauer das Gast­spiel der „Azubis“. Chris­to­pher Weiß und Kai Fischer nutzen viel­sei­tige Mittel, um die Aufmerk­sam­keit der Schü­ler (es ist ein Klas­sen­zim­mer­stück für die 4. bis 6. Klasse) zu halten. Sie über­ra­schen immer wieder mit neuen Wendun­gen in ihrer Perfor­mance zum Thema „Das Böse“. Auch hierzu schrie­ben Schüler*innen der Ida-Ehre-Schule Kriti­ken. Nach den Stücken konn­ten die Zuschauer spon­tan ihre Kommen­tare aufschrei­ben und aufkleben:

Kindertheatertreffen 2

Aufge­klebt: Nicht nur im Inter­net sind Kommen­tare eine Modeerscheinung

Für Aufruhr sorgte unter den Künstler*innen die Infor­ma­tion über die Aufzählung der Kinder­thea­ter-Förde­run­gen der Kultur­be­hörde für 2018/2019: Ledig­lich zwei der elf Anträge aus den Verei­nen kitsz e. V. (Freie Hambur­ger Kinder­thea­ter­szene) und ahap e. V. (Arbeits­kreis Hambur­ger Puppen- und Figu­ren­thea­ter) wurden bewilligt.

Trotz großer Enttäu­schung und Ratlo­sig­keit schät­zen die Thea­ter­schaf­fen­den die Aufklärung der Jury, die in einem ersten öffent­li­chen State­ment-Papier ihre Entschei­dung folgen­der­ma­ßen kommen­tiert: „Die Jury konnte mit ihren Förder­ent­schei­dun­gen ein gewis­ses Spek­trum an ästhe­ti­schen und thema­ti­schen Posi­tio­nen abbil­den, doch ist das Volu­men der Förde­rung bei weitem nicht ausrei­chend, um die profes­sio­nelle Kinder -und Jugend­thea­ter­szene Hamburgs bei ihren kultur­po­li­tisch bedeu­ten­den Entwick­lungs­schrit­ten ange­mes­sen zu beglei­ten. Zahl­rei­che künst­le­ri­sche Ressour­cen blei­ben unge­nutzt, die Ange­bote einer anspruchs­vol­len Freien Thea­ter­kul­tur für ein junges Publi­kum in der Thea­ter­stadt Hamburg fallen im Vergleich zu etli­chen ande­ren Bundes­län­dern quali­ta­tiv wie quan­ti­ta­tiv weiter zurück.“

Unter­stüt­zung beka­men die Hambur­ger aus dem Kinder- und Jugend­thea­ter­zen­trum der Bundes­re­pu­blik Deutsch­land in Frank­furt am Main, das einen Aufruf an Kultur­se­na­tor Brosda rich­tete und Abhilfe durch eine Aufstockung der Mittel fordert. Außer­dem formu­lier­ten die Vereine einen Aufruf mit Hilfe einer Unter­schrif­ten­liste für Zuschauer und Unter­stüt­zer, denn für die Szene heißt es jetzt: aufstehen und aufbegeh­ren, denn Aufgeben kommt natür­lich nicht in Frage.

Auf jeden Fall ließen sich die Künstler*innen trotz allem ihre Freude an der Jubi­lä­ums­feier zum 20. Kinder­thea­ter­tref­fen nicht nehmen. Und als beim Fest aus den Aufzeich­nun­gen vom ersten Planungs­tref­fen 1998 vorge­le­sen wurde, muss­ten viele laut auflachen, denn es ging schon damals um mangelnde finan­zi­elle Grund- und Projekt­för­de­rung und den Ausbau der Schul­kon­takte. Das sollte alle Förde­rer aufhorchen lassen!

Kindertheatertreffen 2

Aufge­baut: Puppen-Thea­ter-Kisten im Foyer zum Angu­cken und Ausprobieren

Zum Schluss noch einige Zahlen: 2018 kamen 777 Zuschauer (350 Kinder, 427 Erwach­sene), um die Stücke zu sehen. Das ergibt, leicht aufgerun­det, 69 Prozent Auslas­tung für das gesamte Kinder­thea­ter­tref­fen. So oder so heißt es nun: auf ein neues 21. Kinder­thea­ter­tref­fen im Fundus Thea­ter 2019!

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