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Eine Räuberei vom Allerfeinsten

„Der Räuber Hotzenplotz“, Opera stabile
Der Räuber Hotzenplotz

Hotzenplotz (Aramis Merlin Scherer) steckt im Vogelkäfig und kann nun keine Dummheiten mehr anstellen.

Gedanklich würde man Otfried Preußlers Kasperlgeschichte „Der Räuber Hotzenplotz“ wohl eher mit zünftiger Volksmusik verbinden als mit der Opernbühne. Umso neugieriger macht die Aufführung von Andreas N. Tarkmanns Kinderoper im Rahmen der Reihe „Opera piccola“. Tatsächlich verzichtet der Komponist ganz auf den Einsatz von Streichern und gibt durch sparsame Instrumentierung den Kinderstimmen viel Raum.

Als Wachtmeister Dimpfelmoser (Johanna Fuhlendorf) sich in der Opera stabile mit seinen Polizeigehilfen zum Begrüßungschor formiert, begleitet zuerst nur das Akkordeon (Lin Leonie Xiaoning), bevor die Tuba (Hatim Schepler) mit ihrem Wechselbass den Ton angibt. Obwohl sich das von Benjamin Gordon geleitete achtköpfige Orchester – wie die Darstellerriege größtenteils mit Schülern besetzt – dezente Anklänge an bayerische Bierzeltmusik gestattet, ist Tarkmanns Partitur anspruchsvoll und vielgestaltig. Sie überrascht – ohne die Sänger ab 9 Jahren zu überfordern – immer wieder mit außerordentlich starken Momenten.

Geradezu ans Herz geht das Duett zwischen Kalsperl (beeindruckend in Spiel und Gesang: die 13-jährige Sina Irmak) und Seppel (Paolo Möller), die vom Räuber Hotzenplotz (Jacob Eitner) entführt und danach getrennt werden. Während Kasperl in der Höhle des Räubers Stiefel poliert, schält Seppel im Schoss des bösen Zauberers Petrosilius Zwackelmann (Chris Lysack) Kartoffeln. Über den breiten Bühnensteg hinweg klagen die beiden Kinder ihr Leid und finden so – zumindest in Gedanken und musikalisch überaus anrührend – wieder zusammen. Ebenso ergreifend der Moment, in dem Kasperl die Klagerufe der verzauberten Fee Amaryllis (Luise Maria Schmidt) aus dem Schlosskeller vernimmt. Zwischen dem Jammern der Unke, Kasperls ängstlichen Kommentaren und den furchterregenden Warnungen des soeben an einem Seil über der Bühne entschwebten Zauberers entspannt sich eine Situation von hoher musikalischer Dramatik.

Dabei lebt Nicola Panzers Inszenierung von witzigen Einfällen und viel Liebe zu den Figuren. Wachtmeister Dimpfelmoser erledigt seine Amtsgeschäfte auf einem gestützten Einrad. Die kräftigen Niesanfälle des Räubers wirbeln im Orchester alle Notenblätter durcheinander und die Fische, die Kasperl und Seppel aus dem See angeln, sind das eigentliche Kasperltheater in diesem Stück: Handpuppen, die hinter dem Bühnensteg nach der Angel schnappen. Das Bühnenbild (Ingrid Irene von Wildenradt) begeistert mit Liebe zum Detail und manch unvermutetem Versteck, aus dem plötzlich Menschen und Dinge zum Vorschein kommen. Und die Kostüme von Kirsten Fischer – etwa für die von Zwackelmann in Tiere verzauberten Kinder – sind ein Augenschmaus für sich. Eine Kinderopernaufführung mit Vorbildcharakter!

Text: Sören Ingwersen
Foto: Brinkhoff/Mögenburg

Weitere Aufführungen:
Fr, 10.02.2012 18:00 – 20:00 Uhr / Sa, 11.02.2012 18:00 – 20:00 Uhr / SO, 12.02.2012 16:00 – 18:00 Uhr
Mi, 15.02.2012 11:00 – 13:00 Uhr (Schulvorstellung) / Fr, 17.02.2012 18:00 – 20:00 Uhr
Sa, 18.02.2012 14:30 – 16:30 Uhr / Sa, 18.02.2012 18:00 – 20:00 Uhr / So, 19.02.2012 16:00 – 18:00 Uhr
Di, 21.02.2012 11:00 – 13:00 Uhr (Schulvorstellung) / Fr, 24.02.2012 18:00 – 20:00 Uhr
Sa, 25.02.2012 14:30 – 16:30 Uhr / Sa, 25.02.2012 18:00 – 20:00 Uhr / So, 26.02.2012 16:00 – 18:00 Uhr

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