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Golden Guys

"The Bar at Buena Vista", St. Pauli Theater
The Bar at Buena Vista

Reynaldo Creagh (r.), der wohl älteste Sänger der Welt, und Pianist Guil­lermo Rubal­caba Gonzales.

Seine Hand zittert, als er das Mikro­fon zum Mund führt. Seine Stimme aber zittert keines­wegs, wenn er singt: Der 94-jährige Reynaldo Creagh ist der wohl älteste Sänger der Welt. Mit großer Klar­heit und viel Gefühl inter­pre­tiert er „Dos Garde­nias“ und „Chan Chan“; kuba­ni­sche Lieder dieser Art sind in aller Ohren, seit der „Buena Vista Social Club“ Mitte der 1990er Jahre die Musik­welt eroberte. Reynaldo Creagh, Jahr­gang 1918, ist die wich­tigste Schlüs­sel­fi­gur der kuba­ni­schen Musik­szene und DER Experte in Sachen Rumba, Salsa und Cha-Cha-Cha.

In Havan­nas Stadt­teil Buena Vista hat alles ange­fan­gen: Der kleine Reynaldo trat schon als Kind vor Zigar­ren- und Rumfa­bri­kan­ten auf, als Zwan­zig­jäh­ri­ger erst­mals mit einer profes­sio­nel­len Band. Als kuba­ni­sche Musik ab den 1950er Jahren weni­ger geför­dert wurde, musste er 27 Jahre lang sein Geld als Eisen­bahn­fah­rer verdie­nen und während er den Zug steu­erte, sang er laut nur für sich. Neben­bei trat er unre­gel­mä­ßig mit unter­schied­li­chen Bands auf – seine Musik hat er niemals aufge­ge­ben. Aber erst mit der Wieder­be­le­bung des „Buena Vista Social Club“ als CD von Ry Cooder und dem gleich­na­mi­gen Film von Wim Wenders wurde die Welt erneut auf diese kuba­ni­schen Schätze aufmerk­sam. Für seine Show „The Bar at Buena Vista“ ging Regis­seur Toby Gough zu den Wurzeln zurück und brachte die Legen­den leib­haf­tig auf die Bühne, zum ersten Mal vor zehn Jahren. Seit­her touren Reynaldo Creagh und seine um nur wenige Jahre jünge­ren Kolle­gen welt­weit: Der 84-jährige Pianist Guil­lermo Rubal­caba Gonza­les und der 80 Jahre alte Tänzer Luis Chacon Mendive, genannt Aspi­rina, weil er das beste Mittel gegen den Schmerz des Alltags sein soll – gemein­sam sind sie die Grand­f­a­thers of Cuban Music.

Austra­lien, Asien, Europa – kein Auftritt ist ihnen zu weit, keine Vorstel­lung zu anstren­gend. Zwischen Tanz und Gesang nimmt Creagh zwar manch­mal auf der Bühne im Schau­kel­stuhl Platz, doch nur, um genüss­lich eine Zigarre zu rauchen. „Ich muss mich nicht ausru­hen“, versi­chert der Dienst­äl­teste, „die Begeis­te­rung des Publi­kums gibt mir Kraft!“ Aber auch die Ener­gie der Tänzer, die inzwi­schen die Show berei­chern. Und nicht zuletzt die Unter­stüt­zung seiner Frau, die ihn auf den Reisen beglei­tet. Alko­hol hinge­gen ist tabu, Reynaldo Creagh selbst ist wie guter Rum: Mit jedem Jahr an Reife wird er besser.

„The Bar at Buena Vista“: bis 30.9., täglich (außer montags) 20 Uhr; 16., 23. und 29.9. auch 15 Uhr
Karten 14,70 bis 58,70 Euro, Tel. 47 11 06 66

Text: Dagmar Ellen Fischer
Foto: Stefan Malzkorn

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