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Komplize

Theater Das Zimmer
Komplize

Sorgt sich um die Zukunft ihrer Fami­lie: Die Ehefrau des Whist­leb­lo­wers Ben (Sandra Kiefer)

Text: Christian Hanke / Foto: Patrick Bieber

Ben kauert regungs­los am oberen Ende einer Bühnen­schräge, die von zerbors­te­nen Beton­tei­len einge­rahmt ist. Ben ist ein erfolg­rei­cher Jour­na­list, Pulit­zer­preis­trä­ger, der Unan­ge­neh­mes für die US-ameri­ka­ni­sche Regie­rung aufge­deckt hat. Verbo­tene Folter­me­tho­den bei Terror­ver­däch­ti­gen. Nun wollen die Behör­den Bens Quelle für diese Infor­ma­tio­nen, klagen ihn deshalb wegen Spio­nage und Landes­ver­rat an. Ben steht im Mittel­punkt des Stückes „Komplize“ von Joe Sutton, eines zeit­ge­nös­si­schen ameri­ka­ni­schen Autors, der gern über aktu­elle poli­ti­sche Themen schreibt. Jona Manow hat es jetzt im Thea­ter Das Zimmer mit Sandra Kiefer, Theresa Berlage und Lars Cegle­cki inszeniert.

In dieser Insze­nie­rung wird „Komplize“ mehr Bezie­hungs­drei­ecks­ge­schichte, als Polit­thril­ler, wie es im Thea­ter Das Zimmer ange­kün­digt wird. Denn wir sehen neben Ben zwei Frauen auf der klei­nen Bühne: Bens Ehefrau, die sich große Sorgen um ihn und ihre Fami­lie macht, und Bens Anwäl­tin und alte Freun­din Sandra die versucht, den Jour­na­lis­ten kühl, kompe­tent und profes­sio­nell vor dem natio­nal moti­vier­ten Angriff der Behör­den zu retten. Im Origi­nal wird Ben von einem Anwalt vertre­ten. Anwäl­tin Sandra macht die Geschichte zu einem Kampf zweier Frauen um den gefei­er­ten und zu Unrecht ange­klag­ten Jour­na­lis­tin. Zwei Frauen, die unter­schied­li­cher nicht sein könn­ten. Hier Bens Frau, ein hoch emotio­na­les „Fami­li­en­tier“, intel­lek­tu­ell eher einfach gestrickt, die mit allem, was sie hat, für ihren Mann und den Erhalt der Fami­lie kämpft. Dort die elegante, mit den poli­ti­schen Verhält­nis­sen bestens vertraute Anwäl­tin, die weiß, wie man mit wem spricht, um zu gewin­nen. Für die Bens Frau keine Gegne­rin ist, die sie deshalb am Tele­fon stän­dig mit faden­schei­ni­gen Argu­men­ten vertrös­tet. Auch eine persön­li­che Riva­lin, die mehr von Ben will, als ihn nur vertei­di­gen? Das bleibt offen.

Wir erle­ben ein knis­tern­des Drei­ecks­spiel auf und unter der Schräge, hinter dem der „Polit­thril­ler über Whist­leb­lower und Pres­se­frei­heit“, so die Ankün­di­gung, selt­sam im Hinter­grund bleibt. Von Ankla­gen, Verhand­lun­gen und ande­ren Gesprä­chen rund um Bens brisan­ten Arti­kel und die Pres­se­frei­heit wird nur erzählt. Immer­hin kommt es zu einer hefti­gen Ausein­an­der­set­zung zwischen Ben und seiner Anwäl­tin, weil der Jour­na­list mehr zuge­ge­ben hatte, als er eigent­lich wollte. Oder wollte er genau das?

Sandra Kiefer begeis­tert als mit Herz und Leiden­schaft kämp­fende Ehefrau in einer mitun­ter etwas blut­lee­ren Inszenierung.

Auffüh­run­gen bis 19. Mai, Thea­ter Das Zimmer, Washing­to­n­al­lee 42, Tel.  65 99 11 68.

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