Highlight / Kritik / Schauspiel

Nilah

Hamburger Sprechwerk
Nilah

Schöne Frauen umschwä­remn Nilah (Giulia Vazzoler)

Text: Birgit Schmalmack / Foto: Folkert Eggen

Nilah hat nicht nur einen beson­de­ren Namen, sie geht auch einem unge­wöhn­li­chen Beruf nach: Sie verkauft ihren Körper an andere Frauen. Sie ist immer die, für die sie die ande­ren gerade brau­chen und bezah­len. Sie versteht es, den Frauen etwas zu geben, was sie vermis­sen. Genau das liebt auch ihre Freun­din Marlen an ihr. Doch Nilah kann mit den Wünschen nach echter Nähe nicht umge­hen. So wie sie ihre Kundin­nen immer auf Distanz hält, schiebt sie zuneh­mend auch ihre Freun­din von sich. Sie will die Frei­heit, die Abwech­se­lung und das Spiel mit der Macht. Die Abhän­gig­keit und die Ohnmacht in einer Bindung scheut sie so sehr, dass sie auf die Gebor­gen­heit darin verzich­tet. Nur ihr häufi­ger Griff zu ihrer Koka­in­dose spricht von den Bedürf­nis­sen, die in ihrem Leben zu kurz kommen.

„Nilah“ erlaubt inter­es­sante Einbli­cke in das Prosti­tu­ti­ons­ge­werbe von Frauen für Frauen. Das Stück zeigt, dass es hier eher um Liebes­dienst als Sexar­beit geht. Alle Kundin­nen sehen in Nilah weit mehr als nur eine Dienst­leis­te­rin. An Nilah perlen diese über­gro­ßen Gefühle wie ein Regen­schauer ab. Sie nimmt sie in Kauf und macht sich aus dem Staube.

Die Autorin und Regis­seu­rin Denise Stell­mann hat für ihre neuste Produk­tion eine neue Form gesucht: Sie kombi­niert auf der Bühne des Hambur­ger Sprech­wer­kes die beiden Genres Film und Thea­ter. So stehen hier nicht nur zwei große Betten für die profes­sio­nel­len und priva­ten Liebes­ge­schich­ten der Nilah, sondern die Rück­wand ist auch zu einer Projek­ti­ons­flä­che gewor­den, die mit film­rei­fen, stim­mungs­vol­len Nahauf­nah­men ganz dicht an Nilahs und Marlens Gefühls­le­ben heranzoomt.

Die Schau­spie­le­rin­nen, die Stell­mann für ihre Insze­nie­rung gewin­nen konnte, machen nicht nur im Film und auf der Bühne eine gute Figur, sondern schaf­fen es, ihr inne­res Drama auf ihren Gesich­tern zu spiegeln.

Denn Stell­mann scheut nicht vor großen Gefüh­len und großen Worten zurück. Sie erzählt von der großen Liebe, die so mäch­tig ist, dass Marlen ihr Warten, ihre bedin­gungs­lose Hingabe und Aufop­fe­rung als Sinn ihres Lebens anse­hen kann. Span­nung, Unter­hal­tung und Emotio­nen, all das bietet das Stück „Nilah“. Wer gerne roman­ti­sche Liebes­tra­gö­dien im Kino sieht, kommt bei Denise Stell­mann auch im Thea­ter auf seine bzw. ihre Kosten.

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