„Wie andere Leute Läuse, haben wir Ideen!“, sagte er einmal zu einem befreundeten Regisseur. Walter Ruppel war bis ins hohe Alter jemand, der sein Umfeld immer wieder mit neuen Ideen überraschte und stets um Mitstreiter warb, damit seine Vorstellungen Wirklichkeit werden konnten.
Begonnen hat Walter Ruppel seine Theaterlaufbahn 1950 in seiner Heimatstadt Hamburg am Theater im Zimmer bei Helmuth Gmelin. Nach Stationen als Leiter der Pressestelle des Süddeutschen Rundfunks in Stuttgart, als Dramaturg und Lektor beim Gustav Kiepenheuer Verlag in Berlin, zog es ihn zurück an die Elbe – als Chefdramaturg ans Thalia Theater, damals unter der Leitung von Willy Maertens und Professor Kurt Raeck. Es folgten 13 Jahre als Intendant in Regensburg und Bremerhaven und als Referent in der Intendanz an der Deutschen Oper am Rhein, bevor er von 1983 bis 1985 gemeinsam mit seinem Freund Peter Striebeck die Geschicke des Thalia Theaters in Hamburg erneut bestimmte.
Als Walter Ruppel 1986 schließlich zum Intendanten des Ohnsorg-Theaters bestellt wurde, konnte er die vielfältigen Kenntnisse und Kontakte von all seinen beruflichen Stationen in seine neue Aufgabe an den Großen Bleichen einbringen. Seine Idee war es zum Beispiel, den Klassikerkanon der deutschen Theaterliteratur daraufhin zu überprüfen, welche Stücke für die plattdeutsche Bühne geeignet sein könnten. Deshalb verdankt das Ohnsorg-Publikum ihm so wunderbare Vorstellungen wie „Dat Schörengericht“ nach Heinrich von Kleists „Der zerbrochne Krug“, „De Biberpelz“ und „Fohrmann Henschel“ von Gerhart Hautpmann über Bertolt Brechts „Kleinbürgerhochzeit“ bis hin zur „Bremer Freiheit“ von Rainer Werner Fassbinder. Und er setzte auch Klassiker der Unterhaltung wie „Sturm im Wasserglas“ oder die Schwänke von Arnold und Bach auf den Spielplan – nicht zu vergessen die erfolgreichen Lustspiele und Komödien englischsprachiger Autoren. Er lud zudem befreundete Regisseure aus ganz Deutschland ein, am Ohnsorg-Theater zu inszenieren. Und sie kamen alle gern an die Großen Bleichen und lernten die Ausdruckskraft der für sie erst einmal neuen plattdeutschen Sprache kennen und schätzen.
Mit seinen Ideen hat Walter Ruppel dem Ohnsorg-Theater in den acht Jahren als Intendant entscheidende Impulse für die Zukunft gegeben. Er hat die Entwicklung der niederdeutschen Bühne maßgeblich vorangetrieben auf dem Weg in die heutige Zeit und dabei gleichzeitig der Geschichte und Tradition des Hauses Rechnung getragen.
Auch als er 1994 aus gesundheitlichen Gründen aus der aktiven Arbeit ausscheiden musste, blieb er dem Theater als Ratgeber, Anreger und Freund weiter verbunden.
Für seine Verdienste um das deutsche Theater wurde Walter Ruppel 1991 vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker das Bundesverdienstkreuz verliehen. Ebenso erhielt er die Ohnsorg-Verdienstmedaille für seine langjährige erfolgreiche Intendanz an den Großen Bleichen.
Walter Ruppel verstarb am 22. Dezember 2016 in einer Altersresidenz in Hamburg.
Das Ohnsorg-Theater trauert um seinen langjährigen künstlerischen Leiter, ein einflussreiches Vorbild, einen Freund und großartigen Menschen.