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WunschWerke

Theater Perpetuum im Fundus Theater
WunschWerke

Wunschkobolde im Prüfungsstress: Monika Els (r.) und Julia Baum (l.)

Text: Angela Dietz | Foto: Peter Czikowski

Was kann man sich nicht alles wünschen! Ein neues Computerspiel, gaaanz viel Schokolade, eine Eins in Mathe und eine gute Freundin. Aber wer erfüllt uns unsere Wünsche? Natürlich die Wunschkobolde. Im neuen Stück vom Theater Perpetuum für Zuschauer ab fünf Jahren haben sie selbst nur einen Wunsch: die Wünsche anderer erfüllen zu dürfen.

Eine Frau in roter Lederhose und weißem, fellbesetztem Mantel stürmt die Zuschauerreihen. Als flösse Brausepulver durch ihre Adern, sucht sie, hektisch vor sich hin brabbelnd, den Prüfungsraum. Heute muss sie ihre Prüfung zum Wunschkobold bestehen, die erste in der Familie: Wilma Weber (Julia Baum).

Ganz anders ihr Konterpart: Morf Holtkötter (Monika Els) darf den Generationen ihrer Wunschkobold-Vorväter keine Schande machen. Steif und still, in grüner Motorradkombi, Riesenbrille und Lederhelm, schleicht sie auf der Bühne herum, untersucht die Goldrahmen, an denen allerlei Tand klebt.

Niemand da, denken beide. Kein Prüfer weit und breit. Bis sie auf einander treffen. „Du bist die, die Frau Sumpfdotter in der Schule die Haare angezündet hat!“, erkennen sie einander wieder. Beim Warten entdecken sie das große Buch der erfüllten Wünsche, in dem schon die Brüder von Morf verewigt sind.

Sie philosophieren übers Wünschen. Gibt es schlechte Wünsche? Wieso taucht mancher Wunsch alle paar Jahre wieder auf, obwohl er erfüllt wurde, der nach Frieden etwa? Der Wunsch nach einem Freund wird zum turbulenten Tanzspiel: „Ha, hier, 20 Leute auf dem Sofa und hier, 20 aufʼm Klo!“ Oder doch nicht? Nur die Wunschmaschine hat noch keine von ihnen gesehen. Und auch die Prüfer lassen weiter auf sich warten.

Als sie die lauernde Langeweile beim Warten mit einem Ballspiel vertreiben wollen, entdecken Morf und Wilma die Wunscherfüllung im Turmschlund. Fortan entwickelt sich ein Reigen der Erfüllung.

Die Wünsche scheinen als Kugeln aus dem Nichts zu kommen. Und wie das mit dem Wünschen so ist, wird die Erfüllung auch mal zur Panne. Regen ist ja ganz schön, aber muss es gleich eine Sturmflut sein?

Monika Elsʼ und Julia Baums Zusammenspiel überzeugt bis zum Schluss. Viel Spaß haben die Zuschauer mit den gegensätzlichen Charakteren von Wilma und Morf, die sich aneinander abarbeiten müssen, bis sie endlich ein Team sind. „Regel Nummer 1, Absatz 5: Wünsche müssen zuerst gewünscht werden“, weiß Schlaumeier Morf. Ungeduldig und laut die eine, regeltreu und scheinbar ruhig, aber durchsetzungsstark die andere.

Die „WunschWerke“ sind eine runde Inszenierung in der Regie von Thomas Möller und Jens Richter, sehr unterhaltsam, ohne Längen, mit gutem Timing. Die Bühne erscheint schlicht und ist doch mit dem einen oder anderen kleinen, technischen Trick ausgestattet, mit dem das Spiel der beiden Schauspielerinnen gut läuft.

Besonders erwähnenswert ist die Autorenschaft des Stückes vom Theater Perpetuum. Es wurde nämlich eigens für die Bühne erdacht. Der Text stammt von den beiden Schauspielerinnen in Koproduktion mit einem der beiden Regisseure, Thomas Möller. Damit gehört er in der Hamburger Kindertheaterszene zu den erfreulichen Entwicklungen, die die Veranstalter des diesjährigen Kindertheater Treffens „Auf die Plätze!“ schon im Vorwege angekündigt hatten.

Als Auseinandersetzung mit dem Thema Wünschen lässt der Text nichts zu wünschen übrig. Er hat ebenso viel Tiefe, wie er Raum lässt für die Zuschauer ab fünf Jahren. Das Vergnügen nicht zu vergessen, für das natürlich auch Regie und Schauspielerinnen sorgen.

Dass die Wunschkobolde zum Schluss die Prüfung bestanden haben, versteht sich. Wie, wird nicht verraten.

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