Highlight / Kritik / Musiktheater

Yang Guifei – Die Konkubine des Kaisers

Forum der Hochschule für Musik und Theater
Yang Guifei

Eine atem­be­rau­bende Begeg­nung: Yang Guifei (Rebekka Reis­ter) und der Eunuch Gao Lishi (Algir­das Bagdonavičius)

Text: Dagmar Ellen Fischer | Foto: Christian Enger

Ange­bote, die man nicht ableh­nen kann, gab es aller­or­ten und zu allen Zeiten: Wenn der Kaiser von China beschließt, eine Frau zu seiner Konku­bine zu machen, konnte die Auser­wählte sich nicht verwei­gern. Die meis­ten fühl­ten sich von einem solchen Ansin­nen geschmei­chelt. Nicht jedoch Yang Guifei, die im 8. Jahr­hun­dert als eine der schöns­ten Frauen im Reich der Mitte galt. Denn sie war schon verhei­ra­tet – mit einem der zahl­rei­chen Söhne des Kaisers; in dieser Posi­tion hätte sie sich durch­aus vorstel­len können, einmal zur Kaise­rin aufzu­stei­gen, nicht indes über den eige­nen Schwie­ger­va­ter. Doch der Sohn des Himmels, als der ein chine­si­scher Kaiser galt, setzte sich durch und besie­gelte ihr Schicksal.

Yang Guifei ist in Asien eine der bekann­tes­ten legen­dä­ren Frau­en­gestal­ten. Ihr kurzes Leben hat alles, was ein Opern­stoff braucht, sagte sich die chine­si­sche Kompo­nis­tin Yijie Wang und initi­ierte das ambi­tio­nierte Musik­thea­ter­pro­jekt an der Hoch­schule für Musik und Thea­ter. Die 31-jährige Chine­sin über­setzte die Geschichte auf eine Weise, die musi­ka­lisch im besten Sinn des Wortes eine Brücke schlägt: Durch die Wahl der Instru­men­tie­rung und den Umgang mit komple­xen rhyth­mi­schen Struk­tu­ren bekommt die Kompo­si­tion ein fremd­län­di­sches Gewand, in das sich dennoch für west­eu­ro­päi­sche Ohren vertraute Muster und Farben mischen, sodass zwischen Exotik und dem Wieder­erken­nen eine aufre­gende Balance entsteht. So eröff­net die rund 90-minü­tige Oper einen leicht­gän­gi­gen Zugang zu einer hier­zu­lande gemein­hin frem­den Lebens­welt, und den ermög­licht neben den mitun­ter dishar­mo­ni­schen Klän­gen vor allem der auf Tafeln mitzu­le­sende poeti­sche und einfühl­same Text von Libret­tist Sören Ingwer­sen sowie die Insze­nie­rung von Opern­re­gis­seur Domi­nik Neuner, dem mit redu­zier­ten Mitteln Groß­ar­ti­ges gelingt.

„Lerne mich lieben oder lass mich frei“, singt Yang Guifei, die in ideal­ty­pi­scher Weise durch die Sopra­nis­tin Rebekka Reis­ter Gestalt annimmt. Sie fügt sich in das unver­meid­li­che Los, eine sehr privi­le­gierte Gefan­gene zu sein; und es scheint, als ob es ihr sogar gelingt, sich in den Mann hinter dem Kaiser zu verlie­ben (über­zeu­gend in seiner Ambi­va­lenz: Jianeng Lu). Der ist einer­seits der viel­leicht mäch­tigste Herr­scher seiner Zeit, ande­rer­seits ein schwa­cher Regent; „der Kaiser inter­es­siert sich nicht für Poli­tik“, weiß sein Eunuch Gao Lishi zu berich­ten – grob und dennoch verletz­lich verkör­pert von Coun­ter­te­nor Algir­das Bagdo­na­vičius. Der Eunuch des Kaisers ist es schließ­lich auch, der durch eine Intrige die immer stär­ker werdende Posi­tion von Yang Guifei zu erschüt­tern vermag, aufstän­di­sches, weil hungern­des, Volk und falsche poli­ti­sche Entschei­dun­gen tun ein Übri­ges, die dama­lige Tang-Dynas­tie zu stürzen.

„Yang Guifei“ lässt das Publi­kum in eine faszi­nie­rende Welt eintau­chen und zeit­gleich ein emotio­na­les und deshalb durch­aus tiefes Verständ­nis für die anders­ar­tige Kultur zu. Die Oper hat das mitun­ter infla­tio­när benutzte Wort tatsäch­lich verdient: ein gelun­ge­nes Gesamtkunstwerk.

Weitere Vorstel­lun­gen: 25.2., 27.2., 1.3. um 19:30 Uhr, 2.3. um 18 Uhr,
Hoch­schule für Musik und Thea­ter, Harve­ste­hu­der Weg 12

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*