Drehbühne / Größen von Gestern

Zurück zu den Wurzeln

Der TV- und Theaterregisseur Professor Dietrich Haugk „back in town“
Dietrich Haugk

Dreh­ar­bei­ten 1980

Gebo­ren wurde er 1925 im thürin­gi­schen Ellrich, seine Gymna­si­al­zeit verbrachte er in Biele­feld, seine künst­le­ri­schen Wurzeln aber finden sich in Hamburg, wo er 1949 an der dama­li­gen „Jungen Bühne“ mit einer Insze­nie­rung von Heinz Coubiers „Aimée“ sein Debut als Bühnen­re­gis­seur gab. Als Schau­spie­ler hatte er sich bereits 1946 am Stadt­thea­ter Biele­feld zum ersten Mal der Öffent­lich­keit gestellt, in der Rolle des Oswald in Ibsens „Gespens­ter“, nach­dem er den Kriegs­dienst unbe­scha­det über­lebt hatte. Jetzt ist er in die Stadt zurück­ge­kehrt, in der seine künst­le­ri­sche Karriere begann, nach Hamburg, ein einsa­mer Wolf, der – körper­lich ein wenig malade – seine vermut­lich letzte Heimat im Haus eines seiner Söhne in Hamburg-Rahls­tedt gefun­den hat, ein Menschen­füh­rer mit einem nach­ge­rade unfass­ba­ren Werde­gang als Thea­ter- und TV-Regis­seur: 120 Thea­ter­in­sze­nie­run­gen und 180 Film- und Fern­seh­in­sze­nie­run­gen füllen sein über­rei­ches Leben!

Es war in Biele­feld, als wir einan­der kennen­lern­ten, irgend­wann Ende der 1950er Jahre, anläss­lich einer Geburts­tags­feier zu Ehren seines Vaters. Haugk war damals bereits renom­mier­ter Schau­spiel­di­rek­tor am Würt­tem­ber­gi­schen Staats­thea­ter in Stutt­gart und im Privat­le­ben verhei­ra­tet mit der zahl­rei­chen deut­schen Zuschau­ern auch heute noch bekann­ten Schau­spie­le­rin Johanna von Koczian. Der Autor dieser Zeilen, damals Volon­tär in der Feuil­le­ton­re­dak­tion der „West­fä­li­schen Zeitung“, hatte kurz zuvor in Stutt­gart Haugks bemer­kens­werte Insze­nie­rung der Adamov’schen „Toten Seelen“ gese­hen und erhielt jetzt von seinem Ausbil­der die ehren­volle Aufgabe, den erfolg­rei­chen Regis­seur zu interviewen.

Von diesem Zeit­punkt an hat uns das Leben immer wieder zusam­men­ge­führt. Das endete (vorläu­fig) erst, als Haugk auf Lebens­zeit die ehren­volle Profes­sur für Regie am Salz­bur­ger „Mozar­teum“ erhielt. Da wurden die Entfer­nun­gen zu groß, die Tätig­kei­ten zu unter­schied­lich. Aber in der Zwischen­zeit – was haben wir alles gemein­sam „betrie­ben“: Der Chro­nist durfte, in seiner Eigen­schaft als Künst­le­ri­scher Betriebs­di­rek­tor der Ruhr­fest­spiele, wich­tige Insze­nie­run­gen des Freun­des hoch­ran­gig beset­zen und in eini­gen seiner TV-Serien Episo­den­rol­len spie­len. Alle diese Begeg­nun­gen waren immer von hoher Inten­si­tät geprägt, gemes­sen an dem Gesamt­pen­sum des älte­ren Kolle­gen bilde­ten sie einen verschwin­dend klei­nen Zeit­raum; der Mann insze­nierte immer­hin als Gast in Zürich, Bochum, Reck­ling­hau­sen, Bremen, Wien und von München bis San Fran­cisco Opern wie „Tris­tan und Isolde“ oder „Parsi­fal“, Schau­spiele von Shake­speare bis Brecht, lieferte Klas­si­ker-Verfil­mun­gen wie „Minna von Barn­helm“ oder „George Dandin“, wurde mit dem Adolf-Grimme-Preis und mit der Golde­nen Nymphe von Monte Carlo ausge­zeich­net, drehte zahl­rei­che TV-Episo­den von „Derrick“ bis „Praxis Bülow­bo­gen“, verlieh als Synchron­spre­cher Dirk Bogarde, Mont­go­mery Clift, Vitto­rio Gass­mann und Gérard Phil­ipp, Daniel Gelin und Michel Auclair seine Stimme und lebte vier – geschei­terte – Ehen.

Nun ist er zurück­ge­kehrt, um die Jahre an der Elbe zu verbrin­gen, die der Volks­mund gemein­hin den Lebens­abend nennt. Und so geschieht es denn, dass zwei ältere Herren einan­der zuwei­len in der Lounge des Grand Elysée tref­fen, beide inzwi­schen mit einem „Knüp­pel“ (so nennt e r das Gerät und meint: Spazier­stock) in der Hand, beide, vom Perso­nal bereits schmun­zelnd als Damm­tor-Brothers apostro­phiert, wie ehedem Rolf Lieber­mann und Herbert Paris, bei Kaffee und Kuchen schwel­gend in der Erin­ne­rung an längst verstor­bene Kolle­gen. Und beide denken sie zur selben Zeit Schil­lers berühm­ten Satz „Die Nach­welt flicht dem Mimen keine Kränze …“

Text: Hans-Peter Kurr
Fotos: Haugk privat

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