Kritik

Menschen, Prinzen, Bürgerliche
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Menschen, Prinzen, Bürgerliche

„Emilia Galotti“, Thalia Theater

Unblutig endet Lessings „Emilia Galotti“ im Thalia Theater. Der Hamburger Regisseur Marco Štormann inszenierte das 1772 uraufgeführte Drama für die diesjährigen Lessingtage als unterhaltsames (Kammer-)Spiel und schickt seine Protagonistin am Ende zur Tür hinaus anstatt ins Jenseits. […]

In der Wildnis des eigenen Egos
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In der Wildnis des eigenen Egos

„Vier Männer im Nebel“, Kammerspiele

Der Nebel ist allgegenwärtig in der neuesten Inszenierung von Michael Bogdanov in den Hamburger Kammerspielen. Er wabert schon vor dem ersten Auftritt über das kleine Stückchen Land mit Bäumen, Böschung und hügeligem grünen Waldboden, das ganz naturalistisch auf die Bühne gebaut wurde. Die „Vier Männer im Nebel“, die dem Stück von Tim Firth den Titel gaben, krabbeln dann einer nach dem anderen pitschepatschenass über die kleine Anhöhe. […]

Gekonnt gewollt
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Gekonnt gewollt

„Der Kirschgarten“, Kampnagel

Das Schlusswort hat der uralte Diener Firs (Valentin Jeker): „Das Leben ist vergangen, als ob es gar nicht da gewesen wäre.“ Bis man sich als Zuschauer zu dieser weisen Erkenntnis hingelebt hat, sind über drei Stunden auf der Bühne prall gefüllt worden. Aber wie am Ende so manchen Lebens stellt sich die Frage: „Und das soll alles gewesen sein?“ Es wurde viel und ausdauernd geschrien, Porzellan zerbrochen, geweint, frontal so manche Ansprache gehalten, ausdauernd Unglück zelebriert und Pläne wurden als irrig entlarvt. […]

Dänenkönig als Weib?
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Dänenkönig als Weib?

„Hamlet“, University Players

Das hat’s alles schon einmal gegeben. Aber für Mitglieder einer jungen Studentengeneration, die das nicht erlebt haben können, ist eben alles aufregend neu, zum Beispiel: Hamlet weiblich. Die Duse, in tief unter uns liegenden, schon der Theaterhistorie zuzuzählenden Zeiten, hat „ihn“ gespielt, in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts Carmen-Renate Körper, Ende der 90er Angela Winkler unter Peter Zadek und gewiss noch viele andere an Betriebstheatern der Provinz, von denen eine überregionale Öffentlichkeit nie etwas erfahren hat. […]

Wo ist der Fehler?
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Wo ist der Fehler?

„Das erste Mal“, monsun theater

Sie wartet. Er rennt auf die Bühne, kurvt um die 13 Fernsehmonitore herum, die dort stehen, und stürmt auf seine Angebetete zu, einen Strauß roter Rosen in der einen Hand und einen zerknüllten Stadtplan in der anderen. Die Begrüßung misslingt vollkommen. Entschuldigung, Entschuldigung, Entschuldigung! Irritation auf beiden Seiten. Abschied. Sie lockt ihn zurück. Der Geduldsfaden reißt. Sie wird aggressiv. Er ist verblüfft. Das perfekte erste Mal ist so richtig ins Wasser gefallen. Weitere Anläufe scheitern. Die Pläne gehen nicht auf. […]

Frei ist, wer frei ist
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Frei ist, wer frei ist

„Zweimal lebenslänglich“, Altonaer Theater

Elf Männer. Im Leben je ein Schicksal, auf der Bühne immer ein paar zu viel. Aus Steven Kings Romanvorlage „Pin-up“ wird in der Inszenierung von Axel Schneider im Altonaer Theater immer nur dann Theater, wenn sich mindestens neun der elf Protagonisten gerade backstage befinden. Erst in der intimen Konfrontation der Charaktere wird nachvollziehbar, worum es in diesem Stück gehen könnte: um das eigene Leben, um Autonomie, Würde und Freiheit – und den Kampf darum. […]

Mit Melancholie zur Tat
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Mit Melancholie zur Tat

„Quijote. Trip zwischen den Welten“, Thalia Theater

Ein hohes Lied auf die Fantasie: Werdet alle Don Quijote! La Mancha ist Hamburg und euch stehen alle Möglichkeiten offen. Während draußen vorm Theater die Occupy-Bewegung neue Zelte aufschlägt, wird drinnen ein verwandter Kampf gegen Windmühlen beschworen – in einem Bühnenbild, das stellenweise an die Buden draußen vor der Tür erinnert. […]

Geld regiert die Welt
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Geld regiert die Welt

„Gethsemane“, Ernst Deutsch Theater

Wohl dem Theater, das ein Stück über die Verquickung von Politik und Wirtschaft spielt und eine Drehbühne hat. Diese Technik eignet sich famos, um das ewige Karussell aus Macht und Einfluss, das Politik und Wirtschaft immer wieder unheilvoll zusammenführt, in ein bewegtes Bild zu fassen. So dreht sich das Bühnenbild derzeit im Ernst Deutsch Theater Szene für Szene, denn auf dem Spielplan steht die deutschsprachige Erstaufführung von „Gethsemane“, einem Stück über eben dieses Thema von dem renommierten britischen Dramatiker und Drehbuchschreiber David Hare.

Unterhaltung … mehr nicht!
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Unterhaltung … mehr nicht!

„Der grosse Gatsby“, Deutsches Schauspielhaus

Es ist nicht recht einsehbar, welche Kriterien die (interimistische) Leitung des Schauspielhauses an der Kirchenallee nach dem rüden Weggang des qualitäts- und maßstabsbewussten Friedrich Schirmer bei der Auswahl ihrer Stücke und daraus entstehender Produktionen leiten. Das läßt sich seit Beginn dieser ersten „Vertretungs-Spielzeit“ also mit tiefem Bedauern seit dem unverstehbar in einer Großküche angesiedelten „Cyrano“ konstatieren. […]

Beifall für Elternabend
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Beifall für Elternabend

„Frau Müller muss weg“, Winterhuder Fährhaus

Jessica, die Elternsprecherin, bringt es auf den Punkt und warnt vor Zweifeln oder Kompromisslösungen: Frau Müller muss weg! Zwar haben sich nur fünf Mütter und Väter der Klasse 4b zum Gespräch mit Frau Müller, der Lehrerin ihres Nachwuchses, zum abendlichen Gespräch im Klassenraum eingefunden, der noch mit den Ergebnissen des letzten Herbstprojektes geschmückt ist, doch die Entscheidung, so die Elternvertreterin, sei mit großer Mehrheit gefällt worden. Es gehe nur noch darum, sie Frau Müller mitzuteilen. […]